Nordrhein

Rx-Versandverbot statt Temperaturkontrolle Julia Pradel, 03.10.2015 16:36 Uhr

Düsseldorf - 

Eine Dokumentation der Temperatur bleibt den Versandapotheken erspart. Ein Antrag aus der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR), laut dem die Vorgaben der EU-Richtlinie zur Guten Distributionspraxis (GDP) auch für den Arzneimittelversand gelten sollten, wurde beim Deutschen Apothekertag (DAT) mit 176 gegen 128 Stimmen abgelehnt. Mit einem Antrag zur Abschaffung des Versands von Rx-Medikamenten war Nordrhein hingegen erfolgreich.

Kammerpräsident Lutz Engelen wollte mit der aus seiner Sicht „nicht umsetzbaren Forderung“ ein Ende des Versands erreichen. Laut GDP-Richtlinie müssen die Großhändler sicherstellen, dass die Lagerbedingungen für Arzneimittel auch beim Transport eingehalten werden. Auch nicht kühlpflichtige Arzneimittel unterliegen somit der Temperaturkontrolle und müssen meist unterhalb 25 Grad geliefert werden.

Als im Sommer eine Versandapotheke wegen der heißen Temperaturen von einer Bestellung abriet und die Mitarbeiter der Post streikten, entschied sich Engelen für einen Test. Von der Kammergeschäftsstelle in Düsseldorf und seiner Grenzland-Apotheke in Herzogenrath aus schickte er zwei Pakete mit Temperaturloggern an einen Kollegen in Bad Wiessee am Tegernsee.

Das Ergebnis: Das Paket der Kammer erreichte innerhalb von zwei Tagen den Tegernsee und kam – übers Wochenende – weitere fünf Tage später wieder in Düsseldorf an. Auf dem Weg nach Süden maß der Temperaturlogger fast 80 Prozent der Zeit über mehr als 25 Grad, auf dem Rückweg zwar nur in 43 Prozent – dafür aber eine Höchsttemperatur von knapp 33 Grad. Das zweite Paket blieb auf dem Rückweg hängen, pendelte wochenlang zwischen Köln und Hagen und kam schließlich leicht zerquetscht wieder bei Engelen an.

Der Versuch macht Engelen zufolge deutlich, dass die Bedingungen, die an Arzneimittelgroßhändler und Apotheken gestellt werden, im Versandhandel nicht erfüllt werden können. Schließlich dürften Versender ihre Pakete auch nicht kennzeichnen, sodass sie von den Logistikern differenziert behandelt werden könnten. Da die Umsetzung der GDP-Vorgaben daher nicht machbar sei, führe der Antrag schließlich zum Verbot des Versandhandels, so Engelen.

Von diesem Plan waren die Delegierten allerdings nicht vollends überzeugt: Dr. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbands (BAV), warnte davor, den Versand sicherer zu machen und somit noch zu verbessern. Dr. Frank Bendas, Geschäftsführer der Sächsischen Landesapothekerkammer, hielt es juristisch für schwierig, die GDP-Richtlinie auf eine andere Gruppe als die Großhändler auszuweiten. Und Konrad Mühmel aus Sachsen befürchtete, dass auch der Botendienst künftig dokumentationspflichtig werden könnte.

Davor hatte zuletzt auch Christian Buse, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA) und Inhaber der Versandapotheke Mycare, gewarnt: „Das würde auch millionenfach Botendienste betreffen. Oder sollen Fahrradkuriere mit Temperaturloggern ausgestattet werden?“ Aus seiner Sicht würde eine Ausweitung besonders die kleinen Apotheken treffen, „denn die großen finden eine Lösung“.

Im Ganzen ist Engelen mit seinem Anliegen aber trotzdem auf offene Ohren gestoßen: Einem Antrag des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR) zum Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln stimmten die Delegierten mit deutlicher Mehrheit zu.

Der Verbandschef kritisierte den Versand als Rosinenpickerei und traf damit den Nerv der DAT-Delegierten. Ob die Forderung an den Gesetzgeber mehr als zehn Jahre nach dem Start des Versandgeschäfts das erhoffte Verbot bringen wird, ist wohl fraglich.