Rx-Preisbindung

Apothekerkammer traut Spahn-Gesetz nicht

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Berlin -

Noch ringt die ABDA mit Kammern und Verbänden um ihre Stellungnahme zum Apothekenstärkungsgesetz von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Am 2. Mai soll eine Sondermitgliederversammlung dazu Vorgaben machen. Vorgeprescht ist jetzt die Landesapothekerkammer Hessen mit einer eigenen Stellungnahme. Darin macht die Kammer schwerwiegende rechtliche Bedenken geltend und sieht die Notwendigkeit einer Notifizierung durch die EU. Außerdem wirft die Kammer der Bundesregierung vor, ihre Pflicht zu verletzen, weil diese immer noch keine Begründung für die Notwendigkeit der Preisbindung liefere.

Kategorisch abgelehnt wird von der Kammer Hessen die Aufhebung von § 78 Abs. 1 Satz 4 Arzneimittelgesetz (AMG). Dort heißt es, „die Arzneimittelpreisverordnung [...] gilt auch für Arzneimittel, die [...] in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden.“ Damit gebe Spahn „das Prinzip der Gleichpreisigkeit verschreibungspflichtiger Arzneimittel auf“ und gefährde die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln.

Außerdem wirft die Kammer der Bundesregierung vor, ihre Pflichten zu verletzen: In einem Rx-Boni-Verfahren vor dem OLG München sei die Bundesregierung durch das Gericht bereits im Februar 2018 zu einer Stellungnahme hinsichtlich der Relevanz der Preisbildung für die flächendeckende Versorgung aufgefordert worden. „Diese Stellungnahme hat die Bundesregierung bis heute nicht abgegeben. Aus Sicht der Landesapothekerkammer Hessen ist es ein mit rechtsstaatlichen Grundsätzen schwer vereinbarer Vorgang, dass ein Verfassungsorgan und die ihm nachgeordnete Bundesverwaltung auf das Ersuchen eines Gerichtes nicht reagieren“, so die Kammer.

Ziel des OLG München sei, auf der Grundlage einer qualifizierten Stellungnahme der Bundesregierung die Rechtsfrage unter Beachtung der vom EuGH vom Oktober 2016 entschiedenen Beweislastfragen erneut vorzulegen. Sollte der § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG wie von Spahn vorgeschlagen tatsächlich aufgehoben werden, wäre damit der Rechtsstreit vor dem OLG München in der Hauptsache erledigt und eine erneute Überprüfung durch den EuGH ausgeschlossen, warnt die Kammer. Dies wiederum führe dazu, dass die Gleichpreisigkeit für verschreibungspflichtige Arzneimittel in der Bundesrepublik Deutschland nicht gewährleistet werden könne.

Die Neufassung des § 129 im Sozialgesetzbuch (SGB V) sei ebenfalls nicht „geeignet, das angestrebte Ziel zu erreichen“. Eine Preisbindungsvorschrift im SGB V habe keine Bindung für Privatversicherte, Selbstzahler sowie Beihilfeberechtigte. Auch biete die PKV bereits gegenwärtig sogenannte Versandtarife an, mit dem ein Arzneimittelbezug aus dem EU-Ausland forciert werden solle. Auch mögliche Ergänzungen des Vesicherungsvertragsrechts seien hierfür nicht geeignet, schon allein weil sie Selbstzahler nicht erfassen können.

Außerdem sieht die Kammer Hessen die Notwendigkeit, das Apothekenstärkungsgesetz in Brüssel vorzulegen, weil die Änderung im SGB V „europarechtliche Wirkung“ entfalte. „Daher ist für die Einführung ein sogenanntes Notifizierungsverfahren notwendig, bei dem davon ausgegangen werden muss, dass auch hier die Europäische Kommission einen Verstoß gegen die Grundfreiheit des freien Warenverkehrs annimmt“, schreibt die Kammer. Insoweit gehe auch das dargestellte Ziel, die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens zu vermeiden, fehl.

Im Übrigen sei zu bedenken, dass für die Dauer des Notifizierungsverfahrens nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Gesamtpaket in der parlamentarischen Diskussion scheitere und dem Grundsatz der Diskontinuität zum Opfer fallen könnte. Sollte das BMG ein Notifizierungsverfahren nicht für erforderlich halten, sei zu bedenken, dass das Gesamtpaket in einer späteren Auseinandersetzung vor dem EuGH bereits aus formellen Gründen scheitern könnte. Hielte dieser nämlich ein Notifizierungsverfahren für notwendig, würde dies zur Unanwendbarkeit der Vorschrift führen und damit zur vollständigen Zielverfehlung.

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