Berlin

Apotheker für Kammerwahl gesucht

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Berlin -

Nachwuchssorgen plagen die Apotheker deutschlandweit, und auch die Kammern und Verbände bleiben nicht verschont. Manchmal ist es aber für interessierte Apotheker gar nicht einfach, einen Zugang zur Standespolitik zu finden. Bei der Apothekerkammer Berlin beispielsweise erfahren die Mitglieder erst dann, welche Listen zur Wahl der Delegiertenversammlung antreten, wenn alle Wahlvorschläge eingereicht und die Listen geschlossen sind. Zur Wahl stellen kann man sich dann aber nicht mehr.

Der Delegiertenversammlung gehören 45 Pharmazeuten und ein Abgesandter der Freien Universität Berlin an, derzeit Dr. Peter Witte vom Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie. Gewählt werden in Berlin Listen, die sich vorab aufstellen. Entsprechend dem Wahlergebnis werden die Plätze vergeben.

Derzeit gibt es drei Fraktionen in der Delegiertenversammlung: Die „Offizin-Liste“ von Kammerpräsident Dr. Christian Belgardt stellt 21 Apotheker, die „Liste Aktive Apotheker/innen“ von Annette Dunin von Przychowski neun Delegierte. Die beiden Gruppen haben sich zusammengetan und stellen die Vertreter für den siebenköpfigen Vorstand. Als „Opposition“ ist in dieser Legislaturperiode die „Liste Allianz aller Apotheker“ (AAA) von Dr. Kerstin Kemmritz mit 15 Apothekern in der Delegiertenversammlung vertreten – die Gruppe war in der Vergangenheit aber auch schon im Vorstand vertreten.

Bis zum 2. Dezember können sich die Apotheker in der Hauptstadt organisieren: Jede Liste braucht mindestens 25 Unterstützer, um zur Wahl zugelassen zu werden. Für die Gruppierungen beginnt nun die Phase, in der sie um Apotheker werben. Das ist aus Sicht von Kemmritz nicht ganz einfach: Denn die Kollegen wüssten zunächst gar nicht, welche Listen es gibt und welchen sie sich anschließen können – die Wahlvorschläge würden erst veröffentlicht, wenn die Frist zu deren Einreichung abgelaufen sei.

Neben den bereits vertretenen Listen können auch neue Zusammenschlüsse antreten. Aber: „Man kommt eigentlich nur in eine Liste, wenn man sie kennt“, so Kemmritz. Die Werbung sei schwierig, da die Anschriften der Mitglieder von der Kammer nicht zur Verfügung gestellt würden. Man sei daher auf die eigenen Kontakte angewiesen.

Kemmritz wünscht sich von der Kammer mehr Transparenz im Vorfeld der Wahl, nicht nur die Ankündigung in einem Kammerrundschreiben. Aus ihrer Sicht sollte die Kammer mehr auf die Apotheker zugehen, etwa indem bei Veranstaltungen für die berufspolitische Arbeit geworben und den Listen Raum für Wahlwerbung gegeben werde. Sie stellt sich außerdem eine Art Plattform oder Kontaktbörse für interessierte Apotheker auf der Homepage der Kammer vor.

„Wir müssen viel mehr tun als bisher, um Kollegen, die bereit sind, sich in der Selbstverwaltung unseres Berufsstands zu engagieren, zu unterstützen und ihnen den Einstieg in dieses ehrenamtliche Engagement zu erleichtern“, findet Kemmritz. Die sinkende Wahlbeteiligung sei ein Zeichen, dass man derzeit immer weniger Apotheker erreiche. 2011 lag die Wahlbeteiligung bei 37 Prozent, 2003 waren es noch 45 Prozent.

Geschäftsführer Rainer Auerbach erklärt, dass sich die Kammer absolut neutral zu verhalten habe. „Deshalb darf die die Wahl durchführende Stelle nie an der Bildung von Wahlvorschlägen mitwirken“, so Auerbach. Dies sei alleine Sache interessierter Kammermitglieder. Die Kammer informiere durch die nach der Wahlordnung vorgegebenen Bekanntmachungen und stelle Hilfsmittel bereit, die die Bildung von Wahlvorschlägen erleichtern und Fehler zu vermeiden helfen.

Dunin von Przychowski hätte zwar nichts gegen neue Wege bei der Wahlwerbung, sieht aber den Datenschutz als Problem. Denn als Körperschaft öffentlichen Rechts müsse die Kammer unbedingt die strengen Vorgaben beachten. Sie setzt stattdessen auf Eigeninitiative: Ihre Liste veranstaltet Mitte November einen Vortragsabend zur Frage „Wie funktioniert Selbstverwaltung?“, um für die Wahl und das eigene Programm zu werben.

Die Offizin-Liste nutzt die in der Wahlordnung vorgesehenen Methoden: Sobald Mitte Dezember über die Zulassung der Wahlvorschläge entschieden wurde, können die Listen ihre Wahlwerbung bei der Kammer einreichen, die dann das Sonderrundschreiben „Wahl Spezial“ herausgibt.

Die Offizin-Liste war – genau wie Kemmritz' Liste AAA – 1999 aus der Gemeinschaftsliste des damaligen Kammerpräsidenten Klaus Stürzbecher hervorgegangen. Nachdem Stürzbecher eine Trennung von Kammer und Apothekerverein vorangetrieben hatte, teilten sich die Mitglieder seiner Liste auf – in die Offizin-Liste, in der vor allem Mitglieder des Berliner Apothekervereins organisiert sind, und die AAA. In Berlin kommen auf 740 Apothekenleiter rund 2660 angestellte Apotheker, mehr als dreieinhalbmal soviele wie Leiter. Im Bundesdurchschnitt gibt es weniger als dreimal soviele Angestelle wie Apothekenleiter.*

Kemmritz fordert, dass sich die Standesvertretung noch mehr für andere Berufsbilder von Apothekern öffnet. „Die Kammer muss mehr Dienstleister für alle Apotheker werden“, findet sie. Kollegen aller Berufsfelder sollten eingebunden werden, um Diskussionen und Meinungsaustausch zu fördern und voneinander zu lernen. Kemmritz hatte sich auf dem Deutschen Apothekertag (DAT) in München dafür eingesetzt, die evidenzbasierte Medizin in der Selbstmedikation zu fördern. Ihr Antrag wurde angenommen.

Aus Sicht von Dunin von Przychowski hebt sich ihre Liste Aktive Apotheker/innen besonders dadurch von den anderen Listen ab, dass sie von ihr als Filialleiterin geführt werde – und nicht von einem Apothekeninhaber. Auch sie findet es wichtig, Kollegen aus anderen Berufsfeldern für die Kammerarbeit zu gewinnen. Sie räumt aber ein, dass dies schwierig sei. Bei den Industrieapothekern beispielsweise sei das Interesse an der Mitarbeit geringer, da sie weniger von der Kammer profitierten.

Die Liste von Kammerpräsident Belgardt setzt auf die Vor-Ort-Apotheke: „Das ist unsere Kernkompetenz: die öffentlichen Apotheken mit ihren Angestellten und Leitern“, so Belgardt. Er will die Apotheken in Berlin so positionieren, dass sie weiterhin der Ansprechpartner für Patienten und Ärzte bei Arzneimittelfragen seien.

Belgardt sieht es als Aufgabe des Kammervorstands, für Einigkeit im Berufsstand zu sorgen: „Wir sind 5000 Apotheker in Berlin – da können wir uns keine Uneinigkeit leisten.“ Dass im Vorstand derzeit nur Offizin-Apotheker vertreten sind, sieht er nicht als Problem. Immerhin hätten alle Vorstandsmitglieder ganz unterschiedliche Hintergründe und könnten alle Themen abdecken.

Mitte Februar erhalten die Berliner Apotheker die Wahlunterlagen. Die Listenführer fordern ihre Kollegen auf, sich aktiv an der Wahl zu beteiligen. „Wer nicht wählen geht und nicht mitmacht, der darf sich dann auch nicht beschweren“, findet Belgardt. Bis zum 11. März läuft die Wahl zur Delegiertenversammlung, die anschließend den Vorstand bestimmt. Belgardt, seit 2007 Kammerpräsident, will erneut für das Amt kandidieren.

* Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Beitrags hatte es geheißen, auf 700 Apothekenleiter kämen 4300 Angestellte. Tatsächlich sind rund 1500 der insgesamt rund 5000 Kammermitglieder nicht mehr aktiv berufstätig.

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