Die Ärzteschaft hat es vorgemacht und sich beim Ärztetag im Mai gegen Homöopathie-Weiterbildungen positioniert. Zum Deutschen Apothekertag (DAT) lag ebenfalls ein entsprechender Antrag vor. Mehr noch: Die Kammer Berlin forderte, Alternativmedizin an denselben Maßstäben zu messen wie jedes andere Arzneimittel. Doch die Delegierten sparten die Diskussion aus – weil in der Bundesapothekerkammer (BAK) schon grundsätzlich über das Thema gesprochen wird.
Die beiden Anträge der Apothekerkammer Berlin hatten schon im Vorfeld des DAT für viel Aufregung gesorgt. Vergleichsweise harmlos war noch das Ansinnen, in der Musterweiterbildungsordnung die Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren und Homöopathie“ in „Phytopharmazie und Naturheilkunde“ umzubenennen.
Der zweite Antrag ging weiter: Der Gesetzgeber sollte aufgefordert werden, die „Sonderstellung für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen aufzuheben“. Für Arzneimittel der Alternativmedizin sollten demnach die gleichen Anforderungen gelten wie für jedes andere Arzneimittel, sofern sie als Regelleistung der Krankenkassen oder im Rahmen von Satzungsleistungen erstattet werden sollen. Mit anderen Worten: Die Homöopathie hätte in Studien ihre Wirksamkeit unter Beweis stellen müssen, was bis heute über den Placebo-Effekt hinaus nicht gelungen ist.
Heute sind Arzneimittel besonderer Therapierichtungen in § 34 Absatz 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch (SGB V) privilegiert. Diesen „gesetzlich verankerten Wissenschaftspluralismus“ wollte die Apothekerkammer Berlin aufheben. Denn für die Sonderstellung gebe es keine wissenschaftlich medizinischen Gründe, „wenn ein Mittel eine positive Wirkung vermittelt, sollte dieser Effekt in klinischen Studien nachweisbar sein“. Bis heute fehle es jedoch an solchen Wirksamkeitsbelegen. Stattdessen bestehe die Gefahr, dass aufgrund alternativer Heilmethoden indizierte medizinische Methoden nicht oder zu spät in Anspruch genommen würden.
Die Apotheken hätten sich in ihrem Perspektivpapier „Apotheke 2030“ explizit zur evidenzbasierten Medizin bekannt. Im Sinne der Solidargemeinschaft der GKV sei es nicht hinnehmbar, dass Beitragsgelder für diese Therapien und Arzneimittel verwendet werden, die an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden können, so die Berliner Kammer.
Der Antrag versprach eine heiße Debatte auf dem DAT. Die eine Seite begrüßte die konsequente Besinnung auf die evidenzbasierte Medizin, die andere hebt die Bedeutung der Apotheken als Lotsen in der Therapie hervor, die Homöopathie-Fans bei Bedarf zu einem anderen Arzneimittel beraten oder an einen Arzt verweisen könnten.
Doch dann ging es beim Apothekertag in München ganz schnell: „Übergang zum nächsten Antrag“ hieß es zweimal. Die Anträge wurden zurückgestellt, weil auf Abda-Ebene bereits diskutiert werde, wie sich der Berufsstand grundsätzlich zur Homöopathie stellen will. Dr. Martin Braun, Präsident der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, wies allerdings noch darauf hin, dass in der Debatte zwischen Homöopathie und Phytotherapie zu differenzieren sei.
Dr. Kerstin Kemmritz, Präsidentin der Apothekerkammer Berlin, bedauert, dass sich der DAT keine Zeit genommen habe, ihren Antrag zu diskutieren. Sie fände es wichtig, dass sich der Berufsstand gemeinsam mit dem Thema auseinandersetzt und eine Position entwickelt. Immerhin: Nach dem Beschluss des Geschäftsführenden Vorstands der Abda befasse sich jetzt die BAK mit der Homöopathie. Das wäre exakt die Folge gewesen, wenn der DAT dem Berliner Antrag zugestimmt hätte. „Formal hätte eine Diskussion also keinen Sinn mehr gemacht, auch wenn sie inhaltlich sinnvoll gewesen wäre“, so Kemmritz‘ Fazit.
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