Apothekenhonorar

Apothekerin als Fußabtreter

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Berlin -

Protest bizarr: Apothekerin Annette Wahl aus Nordrhein-Westfalen macht mit einer ungewöhnlichen Idee auf die Nöte ihres Berufsstandes aufmerksam. Sie hat sich nicht nur ausgezogen, sondern für ein Foto nackt unter einen Teppich gelegt. „Es treten ja eh alle auf den Apothekern herum“, sagt Wahl, die seit vier Jahren in der Lamberti-Apotheke in Nettetal angestellt ist.

 

Die Idee kam der 38-Jährigen an einem Tag, an dem sie besonders viel Ärger mit den Krankenkassen hatte. „Ich dachte mir, das ist heute so ein Fußabtretertag“, so die Apothekerin. Angeregt von den nackten Protesten ihrer Kolleginnen Gabriela Aures und Ann-Katrin Kossendey nahm sie ihren Ärger zum Anlass, sich ebenfalls auszuziehen.

Ein Problem gab es nur mit dem Apotheken-A. In der Apotheke sei keines verfügbar gewesen. Doch dann viel ihr Blick auf dem Teppich – und ihr persönlicher Protest nahm Gestalt an. „Man muss versuchen, Aufmerksamkeit zu erreichen“, sagt Wahl. Sie setzt sich für eine höhere Honoraranpassung ein, da in den vergangenen Jahren die Arbeit in den Apotheken deutlich gestiegen sein. Ein höherer Verwaltungsaufwand durch die neue Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) oder der Beratungsaufwand durch Rabattverträge seien nur Beispiele.

Seit vier Jahren arbeitet Wahl für Apothekenleiter Eduard Günther. Als angestellte Apothekerin betrifft auch sie die sinkende Apothekenzahl. „Mein Chef hat klar gesagt, wenn es so weiter geht, müsse er schließen.“ Wenn die Entwicklung so weiter gehe, gebe es für Apotheker immer weniger Arbeitsplätze.

 

 

Die Apotheke liegt direkt an der Grenze zu den Niederlanden und steht deshalb vor einer weiteren Herausforderung. „Freiverkäufliche Arzneimittel werden von den Kunden gern in Holland gekauft“, sagt Wahl. Dort gebe es manche Medikamente wie Paracetamol auch zu günstigeren Preisen in Supermärkten.

Die Medien sind von Wahls Mut begeistert. Nach einem Bericht in der Regionalpresse wird auch der WDR in der Sendung „Lokalzeit“ über die ungewöhnliche Aktion berichten. Auch SAT.1 hat angefragt. „Wenn es so seriös bleibt und ich keinen Striptease machen muss, würde ich es nochmal machen“, sagt Wahl.

Auch den Kunden gefällts. Die Resonanz sei enorm, sagt eine Sabine Teichmann. Sie arbeitet als PTA mit Wahl zusammen. Seit der Bericht in der Rheinischen Post erschienen ist, klingele ständig das Telefon. Patienten kämen in die Apotheke und verlangten Informationen über die Honorarsituation der Apotheker.

 

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