Apothekerhaus

Millionen für Mendelssohn Patrick Hollstein, 08.06.2015 10:14 Uhr

Berlin - 

47-Millionen D-Mark hatte die ABDA vor 15 Jahren für das Mendelssohn-Palais am Berliner Gendarmenmarkt bezahlt, inklusive Maklercourtage umgerechnet rund 24 Millionen Euro. Der Wert der Immobilie ist seitdem nicht gestiegen, sondern gesunken. Parallel musste die ABDA Millionenbeträge in Instandhaltungsmaßnahmen investieren. Weil trotz allem zu wenig Platz in den historischen Hallen ist, wurde auch für extern angemietete Büroflächen mittlerweile ein siebenstelliger Betrag ausgegeben. 

In die Bücher genommen wurde das Haus 2001 mit knapp 21 Millionen Euro. Nach den üblichen Abschreibungen waren davon Ende 2014 noch 16,8 Millionen Euro übrig. Auf einen ähnlichen Betrag kam ein Verkehrswertgutachten, das die ABDA Ende 2010 auf Drängen einiger Mitgliedsorganisationen in Auftrag gegeben hatte, als über den Erwerb des Nachbargrundstücks gesprochen wurde. Vier beziehungsweise sieben Millionen Euro hatte das Objekt also in nur neun Jahren an Wert eingebüßt.

Parallel musste die ABDA nicht nur jährlich eine Grundsteuer von 60.000 Euro zahlen, sondern auch massiv investieren. Denn der Brandschutz drohte offenbar, das Gebäude zuzusperren. Auf sechs Millionen Euro hatte Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz die anstehenden Kosten für Brandschutz und Rettungswege beziffert. Dazu kämen 2,5 Millionen Euro, die in die Haustechnik und die technische Gebäudeausrüstung investiert werden müssten, hieß es.

Obwohl Schmitz alle Investitionen vermeiden wollte, die für einen potenziellen Käufer mit anderem Nutzungskonzept ohne Wert sein könnten, hat die ABDA alleine im vergangenen Jahr 4,11 Millionen Euro in Instandhaltungs-, Umbau- und Planungsmaßnahmen ausgegeben. Seit 2011 sind acht Millionen Euro für die Immobilien zusammengekommen, der größte Teil davon entfällt auf das Apothekerhaus in Berlin. Ausgeschrieben wurden die Arbeiten dem Vernehmen nach nicht. Anders als in den neuen Compliance-Richtlinien vorgesehen, wurde einfach der frühere Architekt beauftragt.

Wie viel von den Investitionen vielleicht schon auf die Vorbereitungen für den Neubau am Hauptbahnhof entfällt, ist nicht bekannt. Dasselbe gilt für Sanierungsmaßnahmen wegen der Rissbildung, die man sich womöglich vom Nachbarn wiederholen könnte. Auf drei Millionen Euro hatte die ABDA die Schäden beziffert; der kausale Nachweis könnte aber schwierig werden: Denn schon vor 2008 – also Jahre vor Beginn der Baumaßnahmen – waren die ersten Risse im Mauerwerk entdeckt worden.

Dazu kommen die Kosten für extern angemietete Büroflächen: Von Anfang an hatten Kritiker des Mendelssohn-Palais angezweifelt, dass sich das ehemalige Bankhaus mit seiner großen denkmalgeschützten Kassenhalle und seinen repräsentativen Präsidenten- und Besprechungszimmern als Bürogebäude eignen würde.

2008 mietete die ABDA für den Geschäftsbereich Pharmazie in der Jägerstraße 34 zusätzliche Büroräume an. Kosten im ersten Jahr: 60.000 Euro, danach mehr als 100.000 Euro. Als die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) Mitte 2012 von Eschborn nach Berlin zog, wurden in der Jägerstraße 41 weitere Büroflächen angemietet. Damit verdoppelten sich die Mietausgaben auf 220.000 Euro.

2013 wurden statt der veranschlagten 252.000 Euro mehr als 365.000 Euro ausgegeben, im vergangenen Jahr waren es 401.000 Euro statt 242.000 Euro. Wegen der Bauarbeiten mussten vorübergehend ganze Abteilungen ausgelagert werden; die Pressestelle saß monatelang in der Friedrichstraße 200. Bis Ende 2014 wurden damit knapp 1,4 Millionen Euro an Mieten für externe Flächen ausgegeben, wobei je nach Ausgang eines Streits mit dem Vermieter weitere 150.000 Euro hinzukommen könnten.

Ein Ende ist nicht in Sicht: Für 2015 wurden 392.000 Euro eingestellt, für 2016 noch 303.000 Euro. Hintergrund ist laut Schmitz, dass über die Verlegung der Geschäftsstelle noch nicht entschieden wurde; aus demselben Grund wurden die Nebenkosten für das Mendelssohn-Palais mit 321.000 Euro beziehungsweise 314.000 Euro weiter eingestellt.

Tatsächlich hatten Schmitz und sein damaliger Finanzgeschäftsführer Jürgen Siegemund noch 2012 erklärt, dass man für fünf Jahre angemietet habe. Demnach wäre die ABDA ohnehin erst Mitte 2017 aus ihrem Mietvertrag entlassen. Das wäre freilich insofern zu verschmerzen, als dass auch der neue anvisierte Standort am Hauptbahnhof frühestens Anfang 2018 bezogen werden kann.

Folgen die Vertreter der Kammern und Verbände ihren Vorsitzenden am 1. Juli, zieht die ABDA zunächst zur Zwischenmiete um: Aus „wirtschaftlichen Erwägungen“ soll die Geschäftsstelle in angemieteten Büroräumen untergebracht werden, und zwar in 1A-Lage an der Ecke Friedrichstraße/Unter den Linden. Schon im Juli könnten die Kisten gepackt werden. Die Immobilie in der Jägerstraße wird dann voraussichtlich veräußert. Nach heutigem Stand der Dinge müsste der Käufer 34 Millionen Euro zahlen, um der ABDA einen halbwegs kostenneutralen Ausstieg zu ermöglichen. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hatte zuletzt gehofft, dass die Apotheker unter dem Strich eine Rendite erzielen können.