Seitdem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) seinen Plan B als Alternative zum Rx-Versandhandelsverbot vorgestellt hat, rumort es an der Basis. Nicht nur Spahn steht dabei im Fokus der Kritik. Der Unmut von Apothekern richtet sich auch gegen ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. Ein Apotheker wirft ihm „Verrat an den ureigenen Interessen“ des Berufsstandes vor. Ein zweiter Apotheker fragt sich, wie Schmidt Spahns Plan B zustimmen könne.
„Mit seinen kruden Vorstellungen von neoliberal ‚aufgepeppter' Arzneimittelversorgung einerseits und staatsdirigistischer Bevormundung der Ärzte andererseits hat sich Herr Spahn in seinem Amt inzwischen nicht nur in unseren Augen unmöglich gemacht“, schreibt ein Apotheker in einem offenen Brief an verschiedene Apothekerverbände. Spahns Worten könne man nicht länger trauen. Noch im Oktober auf dem Apothekertag habe er persönlich den Erhalt der Gleichpreisigkeit im Rx-Bereich versprochen und das Rx-Versandhandelsverbot dabei selbst als Ultima Ratio nie ganz ausgeschlossen.
Sein Plan sehe nun stattdessen das komplette Gegenteil vor: Die Gleichpreisigkeit und damit die geltende deutsche Arzneimittelpreisverordnung sollen aufgegeben werden und sogar qua Gesetz durch einen „Bonideckel“ bei 2,50 pro Packung legitimiert werden. Der aktuell offene Zugang von ausländischen Anbietern im Fremdbesitz zum deutschen Apothekenmarkt solle nicht unterbunden, sondern sogar auf 5 Prozent Marktvolumen ausgeweitet werden. „Wurde dies bisher nur nicht geahndet, soll der Fremdbesitz in der Arzneimittelversorgung nun erstmals auch in einem deutschen Gesetz legitimiert werden“, so der Apotheker.
Dann folgt harsche Kritik an der ABDA: Die „devote Haltung der ABDA-Spitze“ gegenüber Herrn Spahn und dessen selbst für jeden Laien durchsichtigen Taktik, den Apothekenmarkt scheibchenweise an das ausländische Großkapital „zu verschachern“, werde von ihm und vielen Kollegen als „geradezu unerträglich empfunden“. Das Zurückhalten des aktuellen di Fabio-Rechtsgutachtens pro Rx-Versandverbot bis nach der öffentlichen Verkündung der Aufgabe dessen vor laufender Kamera von ARD und ZDF habe eine neue Qualität.
„Hier muss man tatsächlich offen von Verrat an den ureigenen Interessen unseres Berufsstandes sprechen dürfen. Die Präsenz in den Publikumsmedien nach der ABDA-Mitgliederversammlung war eine historisch einmalige Chance, die obigen Sachverhalte und unsere legitime Position der breiten Öffentlichkeit verständlich zu machen. Hierzu hätte es jedoch eines gänzlich anderen Auftreten unseres ABDA-Präsidenten bedurft“, so der verärgerte Apotheker. Statt Spahn „als der Lügner, der er eben ist“, zu entlarven, „mussten wir die betretene Schuljungenmine unseres Präsidenten beim Abnicken von dessen Unverfrorenheiten ertragen“. Zudem hätten sich so am gleichen Tag sämtliche Publikumsmedien über Spahns „Geschenk“ von fast einer halben Milliarde Euro an die „gierige Apothekerzunft“ ausgelassen.
Ebenfalls in einem offener Brief wendet sich Apotheker Erik Modrack an den ABDA-Präsidenten, weil er „mit Bestürzen“ Spahns Plan B zur Kenntnis genommen habe: „Dieses Maßnahmenpaket den Apothekern und der Öffentlichkeit als Sicherstellungspaket für eine flächendeckende Versorgung zu verkaufen ist falsch. Entweder haben Sie sich über den Tisch ziehen lassen oder Sie sehen nur, was sie sehen möchten.“ Deutsche Apotheken (auch Versandapotheken) dürften keinen Bonus geben, ausländische Versandapotheken weiterhin. „Damit werden gezielt die Umsätze von deutschen Apotheke zu ausländischen verschoben“, so Modrack.
Gleichzeitig verabschiedeten sich die Apotheker mit dem Boni-Deckel von der Forderung nach Gleichpreisigkeit, „einer der Grundpfeiler der flächendeckenden Arzneimittelversorgung in Deutschland“. Bei steigendem Rx-Auslandsversand werde sich auch bald die Problematik der Inländerdiskriminierung ergeben.
Der einzige Punkt, der den Apotheken vordergründig zu Gute komme, sei ein Paket von 375 Millionen Euro. Aber wo kommen denn die 375 Millionen Euro effektiv her, fragt Modrack. 200 Millionen Euro würden über eine Erhöhung der Vergütung und 175 Millionen Euro durch gleichzeitige Kürzung im Zytostatikabereich finanziert. Für die pharmazeutischen Dienstleistungen müsse aber zusätzlichen Aufwand betrieben werden. Es handele sich also um einen „Taschenspielertrick“.
Spahns Plan B sei daher ein „Förderprojekt für eine spezielle Versandapotheke“. Das könne man als Minister machen, „ihn dabei unterstützen darf man aber nicht“. „Nicht verstehen kann ich, wie man als Präsident der deutschen Apotheker dieses Paket unterstützen kann. Dieses Paket sichert in keiner Weise die deutsche Apothekenlandschaft und ist dazu überhaupt nicht geeignet. Sorry Herr Schmidt, das war eine Fehlleistung. Lehnen Sie diesen Vorschlag ab. Dieses Paket ist das Ende der Apotheken wie wir sie kennen und schätzen.“
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