Universitätklinikum

Apotheker soll neuer Charité-Chef werden

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Berlin -

Ein Apotheker soll neuer Chef der Berliner Charité werden. Die zuständige Auswahlkommission des Universitätsklinikums und des Landes Berlin hat sich auf Professor Dr. Heyo Kroemer geeinigt, den Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Göttingen. Kroemer geht nun mit Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) oder seinem Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, Steffen Krach (SPD), in Verhandlungen über einen Arbeitsvertrag.

Das größte Universitätsklinikum Europas wird wohl künftig von einem Apotheker geleitet. Die Auswahlkommission, der Berlins Regierender Bürgermeister vorsitzt, hat in dieser Woche laut dem Tagesspiegel einstimmig für Kroemer votiert. Seine derzeitige Fakultät bestätigt das: „In Berlin hat man sich für Herrn Kroemer entschieden, jetzt wird über das Zustandekommen eines Arbeitsvertrages verhandelt“, heißt es auf Anfrage.

Kommen Kroemer und die Berliner zu einer Einigung, wird er vom Aufsichtsrat berufen und könnte Anfang 2019 den Neurologen Karl Max Einhäupl ablösen, der seit zehn Jahren das Amt des Vorstandsvorsitzenden der Charité bekleidet. Dessen Vertrag wurde auch deshalb mehrmals verlängert, weil sich bundesweit niemand fand, dem man die Leitung einer Hochschulklinik dieser Größenordnung zutraut.

Kroemer ist Experte für Wirkung und Wechselwirkungen von Arzneimitteln. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem der Transport und die Verstoffwechselung von Medikamenten, sogenanntes Drug Targeting und Medizininformatik. Der 58-Jährige hat von 1978 bis 1983 an der TU Braunschweig Pharmazie studiert und war danach bis 1986 Doktorand am Stuttgarter Dr. Margarete-Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie. Zurück in Braunschweig, wurde er 1986 promoviert.

Danach stellte er sein Wissen in den Dienst der NATO: Mit einem Stipendium von deren Wissenschaftsausschus ging er ab 1987 für einen zweijährigen Forschungsaufenthalt nach Nashville, Tennessee, wo er in in der Abteilung für Klinische Pharmakologie der Vanderbilt University forschte. Wieder in Deutschland, kehrte er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Stuttgarter Bosch-Institut zurück.

Knapp zehn Jahre und einige wissenschaftliche Stellen später wurde er zum Professor berufen: 1998 übernahm er den Lehrstuhl für Klinische Pharmazie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Eine besondere Ehrung wurde ihm dieses Jahr zuteil, als er zum Mitglied der Leopoldina, der Akademie der Wissenschaften berufen wurde.

Neben seinem Engagement in der Pharmabranche – von 2005 bis 2009 saß er bei Riemser im Aufsichtsrat – hat er auch den Kontakt zur Apothekerschaft nicht ganz verloren: Von 2006 bis 2015 war er Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesapothekerkammer. Den Posten legte er erst anlässlich seiner Berufung zum Dekan der Medizinischen Fakultät in Göttingen nieder. Auch zum Europäischen Verband der Krankenhausapotheker pflegt er Kontakte, vergangenes Jahr sprach er auf dessen Jahreskongress.

Kroemer verhandelt nicht mit Unbekannten: Müller berief ihn erst im Mai in die „Zukunftskommission Gesindheitsstadt Berlin 2030“, die unter dem Dach von Krachs Senatskanzlei eingerichtet wurde. Das von SPD-Gesundheitspolitiker Prof. Karl Lauterbach geleitete Gremium soll bis Anfang nächsten Jahres strukturelle Empfehlungen erarbeiten, wie Berlin zur europäischen Top-Adresse in der medizinischen Forschung und Versorgung gemacht werden kann. Kroemer ist Lauterbachs Stellvertreter.

An der Charité mit ihren 17.000 Beschäftigten gäbe es für ihn einige Baustellen. Neben der Digitalisierung im Krankenhausalltag, dem zunehmend akuten Fachkräftemangel und dem Ausbau des Herzzentrums stand es auch schon mal besser um das wissenschaftliche Renommee des Traditionshauses. Zwar wertet die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Charité weiter klar als Spitzeneinrichtung. Von den 15 Sonderforschungsbereichen, die die DFG vergeben hat, erhielt sie aber zuletzt keinen.

Wie er mit der Politik umgehen muss, um die nötigen Gelder dafür zu erhalten, scheint Kroemel aber zu wissen. Für den Um- und Ausbau der Göttinger Universitätsklinik hat er nach eigenen Angaben „ein günstiges Zeitfenster“ genutzt und bei Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) 1,1 Milliarden Euro herausgeschlagen. Ein solches Zeitfenster könnte ihn auch in Berlin erwarten: Ende 2017 kündigte Senatschef Müller ein „Jahrzehnt der Investitionen“ an. Er werde so viel in die Charité investieren wie kein Regierender vor ihm: 1,1 Milliarden.

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