Seit neun Jahren können die Bürger von Heidelberg Monat für Monat Projekte zur Abstimmung stellen. Dem Gewinner stattet der Bürgermeister einen Besuch ab und garantiert somit mediale Aufmerksamkeit. Im Juli trug die Apothekerkammer Baden-Württemberg den Sieg davon. An einem der nächsten Freitagnachmittage wird CDU-Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner eine Heidelberger Apotheke besuchen.
LAK-Vizepräsidentin Silke Laubscher hatte das Projekt „Apotheken im Ort sind unverzichtbar“ für den Juli zur Abstimmung gestellt. Mit 119 Stimmen erhielt ihre Initiative den Zuschlag: „Die örtliche Apotheke gehört für die meisten Menschen zum Stadtbild dazu. Auch in Heidelberg ist die Versorgung mit derzeit 46 Apotheken sichergestellt. Doch schaut man sich die Entwicklung in Baden-Württemberg an, stellt man fest, dass ein deutlicher Rückgang der Apotheken zu verzeichnen ist. Das bedeutet, dass die Wege für die Patienten/-innen immer weiter werden, um fachkundige Beratung zu Arzneimitteln von Mensch zu Mensch zu bekommen. Um weiterhin die Versorgung durch die örtlichen Apotheken sicherzustellen, möchte ich als angestellte Apothekerin die Chance nutzen, unserem Oberbürgermeister die Wichtigkeit der örtlichen Apotheken für die Bevölkerung und die Ortsstrukturen sowie die Gründe für den deutschlandweiten Rückgang der Apotheken näherzubringen.“
Wann CDU-Oberbürgermeister Würzner zum Apothekenbesuch kommt, ist noch nicht abgestimmt. In Baden-Württenberg ist Schulferienzeit und ein Termin muss erst noch abgestimmt werden. Um siegreich zu sein, hatte Laubscher die Kammermitglieder um Unterstützung gebeten. Mit der Initiative „Hol den Bürgermeister“ bietet Heidelberg als einige Stadt weltweit seinen Bürgern die Möglichkeit, den Bürger für ein Projekt zu gewinnen. Beim LAK gehe es darum, Würzner die Wichtigkeit der örtlichen Apotheke aufzuzeigen.
Mit 119 Stimmen liegt die LAK im seit neun Jahren andauernden Wettbewerb auf Rang 20. Mit weitem Vorsprung führt allerdings der Hanfverband Rhein-Neckar des Wettbewerb um den Bürgermeister an. Gleich zu Beginn der Aktion lud der Hanfverband Würzner ein, im „Laden für Kultur und Politik“ über die Notwendigkeit eines Cannabis Social Club für Heidelberg zu diskutieren“. Es sollte eine Ausnahmegenehmigung für ein Modellprojekt ‘Cannabis Social Club’ geben.
Im Juli hatte die LAK versucht, die Lokalpolitik auf die Lage der Apotheken aufmerksam zu machen: „Immer mehr Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte in Baden-Württemberg setzen sich für die Apotheken in ihren Gemeinden, Kreisen und Städten ein. In den Interviews und Statements wird vor allem klar: Die Apotheken vor Ort müssen zukunftsfähig bleiben, denn sie sind wichtiger Bestandteil der Grundversorgung der Bevölkerung“, so die Kammer. Apotheken spielten eine sehr wichtige Rolle für die Versorgung der Menschen in Landkreisen, Städten und Gemeinden. Jeder Landrat, Oberbürgermeister und Bürgermeister berichte über die Herausforderungen und aktuellen Rahmenbedingungen der Apotheken in der jeweiligen Gemeinde. Viele Lokalpolitiker engagieren sich im Rahmen der „einfach unverzichtbar“-Kampagne der ABDA für die lokale Apotheke vor Ort. Dabei setzen sie sich neben dem Erhalt der örtlichen Apotheke auch für sichere Perspektiven für die jungen Apotheker ein.
„Die Apotheke vor Ort und ihre fachkundige Beratung sind für eine umfassende Versorgung unerlässlich“, lautet das Statement von Alexander Baumann, Oberbürgermeister von Ehingen. Doch die örtlichen Apotheken leisteten noch mehr: „Ein wichtiger Standortfaktor für eine lebenswerte Gemeinde“, zitierte die LAK Bürgermeisterin Claudia Dörner von Rechberghausen. Mittlerweile setzten sich bereits 20 Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister von Baden-Württemberg für die öffentlichen Apotheken ein. In Heidelberg wird vermutlich bald der nächste Oberbürgermeister hinzukommen.
Die örtlichen Apotheken trügen auch zur Belebung von Stadtvierteln bei, geben Dörfern Zukunftsperspektiven und sind Wirtschaftsfaktor. Die Apotheken vor Ort in Deutschland böten knapp 160.000 regionale Arbeitsplätze an, darunter viele familienfreundliche Teilzeitstellen. Ohne örtliche Apotheke gäbe es auch keine Nacht- und Notdienste sowie individuell hergestellte Rezepturen. In Gottenheim gibt es laut LAK keine örtliche Apotheke mehr. Bürgermeister Christian Riesterer dazu: „Seit einem Jahr ohne Apotheke – ein echter Verlust.“ Die Zahlen der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg zeigen, dass die Zahl der örtlichen Apotheken seit über 10 Jahren kontinuierlich sinkt. Derzeit gibt es 2426 Apotheken in Baden-Württemberg. Das sind 49 Apotheken weniger als im Vorjahr. Dennoch seien die Apotheken in Baden-Württemberg noch in angemessener Entfernung zu erreichen. Viele Apotheken böten an, die Arzneimittel im Rahmen des Botendienstes bis nach Hause zu liefern.
APOTHEKE ADHOC Debatte