Deutschlands Apotheker erwarten von einer möglichen Liberalisierung des Marktes negative Folgen - für sich, aber auch für die Verbraucher, Krankenkassen und Hersteller. Abgesehen von sich verschlechternden Wettbewerbschancen und Arbeitsbedingungen gehen vier von fünf Apothekern davon aus, dass die Qualität der Versorgung sowie die Flächendeckung sinken würden. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Umfrage des Pharmaherstellers Axicorp unter 250 selbstständigen Apothekern.
Nur jeder dritte Befragte rechnet allerdings damit, dass eine Liberalisierung unmittelbar bevorsteht; weitere 45 Prozent erwarten einen Marktumbruch frühestens in einigen Jahren. Nur 13 Prozent gehen davon aus, dass alles bleibt wie es ist. Mehr als drei von vier der Befragten bewerten eine Liberalisierung negativ, der Rest findet das Thema generell überbewertet oder sieht Vor- und Nachteile ausgewogen. Keiner der sieht bewertet eine Liberalisierung positiv.
Konkret rechnen jeweils rund zwei Drittel der Apothekenleiter mit der Zulassung von Fremd- und unbeschränktem Mehrbesitz. Drei von vier Befragten gehen davon aus, dass es in der Folge zu einer Vertikalisierung kommen wird, 89 Prozent rechnen damit, dass sich auf Dauer Oligopole bilden werden. Eine Aufhebung der Apothekenpflicht für OTC-Produkte erwarten 38 Prozent, gleichzeitig rechnen 60 Prozent mit sinkenden Preisen.
Profitieren würden aus Sicht der Apotheker vor allem Kettenkonzerne (94 Prozent) und Drogerie- und Supermärkte (87 Prozent). Herstellern und Krankenkassen würde eine Liberalisierung aus Sicht der Apotheker dagegen eher schaden als nutzen, Verbrauchern (92 Prozent) und Apotheken (95 Prozent) sogar ganz überwiegend schaden. Nach Ansicht von 71 Prozent der Befragten erkennen immer mehr Menschen, dass die unabhängige Apotheke die Arzneimittelversorgung sichert. 97 Prozent der Apotheker sind der Meinung, dass vor allem interessierte Kreise für eine Liberalisierung Stimmung machen. Neben Berlin und Brüssel (je 30 Prozent) trauen die Apotheker vor allem der Wirtschaft (22 Prozent) Einflussnahme zu; die eigene Standesvertretung hat nur jedem zehnten Befragten zufolge Möglichkeit zur Mitsprache.
95 Prozent der Apotheker glauben nicht, dass ihnen ihre Entscheidungsfreiheit in Kettenapotheken garantiert werden könnte. Eine deutliche Mehrheit geht zudem davon aus, dass Ketten nicht die gleiche Haftung übernehmen würden wie Einzelapotheken. Nur 18 Prozent erwarten, dass Kettenkonzerne effektiv kontrolliert werden könnten. Auch für die Angestellten in Apotheken würden die Bedingungen bei einer Liberalisierung generell schlechter, glauben die Apotheker. Fast zwei Drittel erwarten, dass sich das Personal dann weniger auf die Beratung konzentrieren könnte. Noch mehr rechnen mit Personalabbau und härteren Arbeitsbedingungen; steigende Löhne für die Mitarbeiter erwarten nur knapp 15 Prozent.
60 Prozent der Befragten berichten von einem allgemeinen Gefühl der Angst und Hilflosigkeit, 23 Prozent von Aggressivität. Jeder vierte Selbstständige sieht allerdings auch eine gewisse Aufbruchstimmung. Bei aller Unsicherheit bleiben Deutschlands Pharmazeuten zuversichtlich: Knapp die Hälfte der Apotheker, vor allem solche mit approbierten Kindern und Verwandten, würde jungen Menschen nach wie vor empfehlen, Pharmazie zu studieren.
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