Eigentlich sollten Risikopatienten ab dieser Woche weiter mit FFP2-Masken versorgt werden. Doch die Coupons der Krankenkassen lassen auf sich warten. Viele Kollegen haben sich bevorratet und müssen nun zusehen, wie sie einstweilen ihre Kunden versorgen. Dr. Thomas Wellenhof hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) angeschrieben und eine ernüchternde Antwort erhalten. Er ist frustriert, wie schlecht das System funktioniert.
Laut Verordnung haben Menschen über 60 Jahre sowie Risikopatienten seit dem Jahreswechsel einen Anspruch auf Versorgung mit FFP2-Masken. Bis Ende Februar können sechs Stück bezogen werden, bis Mitte April noch einmal dieselbe Anzahl. Den erforderlichen Berechtigungsnachweis sollen sie in Form eines Coupons von ihrer Krankenkasse zugeschickt bekommen. Die erste Runde mit drei Gratismasken lief am 6. Januar aus.
Doch viele Kassen haben noch gar nicht mit dem Versand begonnen – und viele Versicherte werden sich noch Wochen gedulden müssen. Die DAK etwa plant drei Tranchen: Zuerst werden Personen ab 75 Jahren angeschrieben, anschließend Personen ab 70 Jahren und Jüngere mit bestimmten Risikofaktoren sowie zuletzt alle Versicherten ab 60 Jahren. „Der Versand wird sich voraussichtlich bis in den Februar erstrecken“, schreibt die Kasse unter Verweis darauf, dass die ausgegebenen FFP2-Masken keine Leistung der Krankenkassen sind und dass die Gutscheine von der Bundesdruckerei geliefert werden müssen.
Ähnlich sieht es bei anderen Kassen aus: Wellenhofer und seine Kollegen haben die Geschäftsstellen abtelefoniert und herausgefunden, dass einige Kassen erst Mitte des Monats oder sogar noch später überhaupt mit dem Versand beginnen wollen.
Also hat der Inhaber der Bahnhof-Apotheke in Freilassing das BMG angeschrieben und sich erkundigt, ob die Bezugsscheine von der Bundesdruckerei an die Krankenkassen geliefert wurden, wann mit dem Versand an die berechtigten Patientengruppen zu rechnen ist, wie bei Privatversicherten verfahren wird und ob es einen Termin, zu dem der Versand verbindlich erfolgt sein muss.
Die Antwort kam einen Tag später: Die Auslieferung seitens der Bundesdruckerei habe am Montag begonnen, schrieb eine Referentin. Die Coupons müssten nun von den Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen (PKV) mit dem Anschreiben der Bundesregierung an die Versicherten gesendet werden. „Möglicherweise erhalten bereits Ende der Woche die ersten Versicherten ihre Coupons“, heißt es weiter. „Es gibt keinen festen Termin, bis zu dem der Versand erfolgt sein muss. Die Coupons werden voraussichtlich bis spätestens Anfang Februar an die anspruchsberechtigten Personen gesandt.“ Das Verfahren sei im Übrigen für gesetzlich und privat Versicherte gleich.
Wellenhofer sieht das kritisch. Im Dezember hätten die Apotheker innerhalb weniger Tage ein System zum Laufen gebracht und – bei eigener Vorfinanzierung – die Versicherten versorgt. Dass dies bei den offiziellen Stellen nicht möglich sei, kann er nicht verstehen. Immerhin hätten Bundesdruckerei und Kassen vier Wochen Vorbereitungszeit gehabt. „Hier sehen wir die Trägheit des Systems“, sagt er.
Ob Nachlässigkeit oder Absicht: Die Trödelei gefährdet aus seiner Sicht nicht nur Patienten, sondern schadet auch dem Solidarsystem: „Wenn wir nur einen Menschen vor der Intensivstation bewahren können, rechnen sich tausende Masken. Dass hier Patienten einem Risiko ausgesetzt werden, ist ein Skandal.“
Auch wenn es noch keinen solchen Ansturm wie im Dezember gibt: Regelmäßig fragen Patienten in seiner Apotheke nach, wann sie ihre Masken bekommen können. „Wir retten uns von Tag zu Tag und schauen, wie wir unsere Kunden versorgen können, solange sie noch keinen Gutschein haben.“
Wellenhofers Lager ist voll, wie schon im Dezember hat Wellenhofer sich mit ausreichend Masken bevorratet. „Das war nicht einfach. Aber wie viele Kollegen sind wir startbereit.“
Den Vorschlag von Thomas Preis, Verbandschef in Nordrhein, einstweilen die Ausgabe von Gratismasken zu verlängern, bis die Coupons zugestellt sind, findet Wellenhofer gut. „Genaugenommen tun wir das ohnehin schon. Es sind ja meine Kunden, die versorgt werden müssen. Es sind Mitmenschen, die Angst haben.“
Aus seiner Sicht ergibt es auch absolut Sinn, Risikopatienten mit FFP2-Masken zu versorgen, da hier zum Fremd- auch der Eigenschutz hinzukomme. „Die Vorteile sind ganz offensichtlich. Umso ärgerlicher ist es, wenn die Aktion nun durch Trägheit konterkariert wird.“
Auch die DAK versichert, alle Hebel in Bewegung zu setzen, damit die Patienten zeitnah an ihre Masken kommen: „Wir unterstützen die Bundesregierung, indem wir unseren Versicherten so schnell wie möglich ihre Gutscheine per Post zukommen lassen“, sagt Vorstandschef Andreas Storm. „Der Schutz der Risikogruppen ist ein wichtiger Baustein zur Bewältigung der Pandemie. Hierzu tragen wir gerne unseren Teil mit dem Versand bei.“
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