Schlagabtausch zur Apothekenreform

Apotheker redet Lauterbach ins Gewissen

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Dr. Alexander Zörner von der Sonnen-Apotheke in Munster sprach an, was viele Apotheker:innen denken.
Walsrode -

Wenn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) derzeit irgendwo in der Öffentlichkeit auftritt, sind Apothekerinnen und Apotheker in der Regel nicht weit. In Walsrode nutzten drei Kollegen die Möglichkeit, ihn auf seine Irrlichtereien rund die Apothekenreform anzusprechen und in eindrücklichen Worten echte Lösungen für die Probleme der Branche einzufordern.

Dr. Alexander Zörner war von Munster nach Walsrode gereist, um Lauterbachs Auftritt im Wahlkreis von Lars Klingbeil zu besuchen. Dass er den weiten Weg auf sich genommen hat, mag auch daran gelegen haben, dass der Co-Parteichef vor Jahren ein Schulfreund war. Jedenfalls ließ sich der Inhaber der Sonnen-Apotheke die Gelegenheit nicht nehmen, gegenüber den beiden SPD-Politikern offen anzusprechen, was viele Apotheker:innen denken.

 

Anders als behauptet gehe es Lauterbach gerade nicht darum, die bewährten Strukturen zu erhalten: „Im Bereich der Apotheken haben Sie anderes vor. Wenn Sie Apotheken skizzieren, in denen nicht mehr die Apothekerin oder der Apotheker arbeitet, sondern Sie sich jemanden suchen wollen, der die Funktion des billigen Jakob übernimmt, dann ist das eben keine Apotheke mehr. Dann sollten wir sie auch nicht so benennen.“

Was eigentlich fehle, sei ein Bekenntnis zu bewährten Strukturen. Apotheken böten eine flächendeckende Versorgung, die niedrigschwellig sei und kostenfrei, die 365 Tage im Jahr existiere und wo man ohne Termin hingehen könne und Beratung erfahre. „All das kann nur passieren, wenn Verantwortung übernommen wird, und diese Verantwortung können heute nur Apothekerinnen und Apotheker übernehmen.“ Zörner verwies darauf, dass Lauterbach ja auch persönlich erschienen sei: „Das zeigt, dass man ein menschliches Miteinander nicht wegdigitalisieren kann. Wir schätzen es sehr, dass Sie hier sind und wir Sie nicht auf einem Bildschirm betrachten müssen.“

„Insofern braucht es also ein Bekenntnis zur bestehenden Struktur, die man schützen muss. Und das erwarte ich, und das können auch alle anderen Menschen erwarten, die sich darauf verlassen. Alles andere wäre nämlich auch nicht respektvoll, gerade alten Menschen gegenüber.“

Zörner weiter: „Und das kostet Geld. Die Zitronen der Apotheken sind ausgequetscht. Da kommt nichts mehr raus. Es braucht tatsächlich das Bekenntnis auch in Geld.“ Die Menschen, die in den Apotheken arbeiteten, müssten ordentlich entlohnt werden. Das Honorar stagniere aber seit Jahrzehnten.

Lauterbachs Pläne könnten irgendwann in der Zukunft vielleicht funktionieren. „Sie tun es aber jetzt nicht, und jetzt schließen die Apotheken. Schade ist es um jede Apotheke, die schließt und wo die Versorgung nicht mehr stattfinden kann. Und da ist Gefahr in Verzug, weil das jetzt und heute passiert.“

Schon heute seien viele Apotheken defizitär; es könne nicht der Anspruch der Sozialdemokratie sein, auf diesem Weg eine Versorgung in der Breite und in der Fläche stattfinden zu lassen. „Und deswegen bitte ich Sie sehr, dieses Gesetz zu überdenken, ob die Maßnahmen der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln in der Fläche und in der Stadt wirklich zuträglich sind. Denn das sehe ich nicht so.“

Klaus Leifried von der Stadt Apotheke in Walrode kam auf das Thema Skonto zu sprechen. Es wäre eine schnelle Hilfe für die Apotheke und eine einfach umzusetzende Maßnahme, diese Regelung per Omnibus-Verfahren umzusetzen. „Es wäre auch einfach umsetzbar, denn es kostet weder die Steuerzahler noch die Kassen etwas.“ Es könne zwar tatsächlich nicht sein, dass Apotheken auf Skonti angewiesen seien – es sei aber nun einmal so. Teilweise fehlten fünfstellige Beträge, viele Apotheken könnten nicht mehr auf die Verabschiedung der Reform warten, die ohnehin nach wie vor ungewiss sei. Daher müsste hier schnellstmöglich ein Rettungsanker ausgeworfen werfen.

Brenend Groeneveld, Inhaber der Rats-Apotheke Norden und Vorsitzender des Landesapothekerverbands Niedersachsen, forderte Lauterbach auf, für die geplante Verhandlungslösung verbindliche Vorgaben zu machen. Er habe alle Schiedsverhandlungen der letzten Jahre begleitet, von sechs Schiedssprüchen würden vier beklagt. „Das kann nicht der Weg sein.“

Wenn man eine solche Dynamisierung komme, brauche man einen ganz engen Regelungsmechanismus, klare Leitlinien. „Wir sind seit 2007 in der Gesetzgebung von der Gleichwertigkeit abgehängt. Die GKV hat eine wesentlich höhere Macht als die Verbände. Das merken wir in jeder Verhandlung.“

Groeneveld wies darauf hin, dass bei den Apotheken der Versorgungsauftrag bei jeder einzelnen Apotheke liege – und nicht wie bei den Ärzten bei einer Institution wie der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). „Jede Apotheke hat vom Gesetzgeber diesen Hoheitsauftrag. Und da muss es auch möglich sein, dass jede Apotheke diesen Auftrag von ihrem Honorar erfüllen kann. Das ist nicht mehr der Fall.“ Eine kostenneutrale Umverteilung bringe nichts, denn „das System ist ausgelutscht“.

20 Jahre Stagnation rächten sich jetzt, aber anders als bei der Meyer Werft greife die Politik nicht ein. „Mit 2,8 Milliarden Euro könnten Sie 17.500 Apotheken retten!“

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