Apotheker mischen im Wahlkampf mit APOTHEKE ADHOC, 20.09.2017 11:58 Uhr
Nur noch wenige Tage bis zur Bundestagswahl. Apotheker im Oberbergischen Kreis in Nordrhein-Westfallen nutzen die Zeit, um ihre Kunden gezielt über den unfairen Wettbewerb zwischen deutschen Apotheken vor Ort und ausländischen Versandapotheken zu informieren. Motto: „Schluss mit der Rosinenpickerei!“
Um das Thema gegenüber Patienten und der Öffentlichkeit zu verdeutlichen, verteilen die teilnehmenden Apotheken im Oberbergischen Kreis nun verstärkt den entsprechenden Flyer der Apothekerkammer Nordrhein an ihre Kunden. „Die Folge des EuGH-Urteils ist ein unfairer Wettbewerb für unsere Apotheken vor Ort“, sagt Martina Dammüller, Sprecherin der Apotheker im Oberbergischen Kreis. „Die konzerngesteuerten und rein profitorientierten ausländischen Versandhändler picken sich nur die attraktiven Rosinen aus dem deutschen Gesundheitssystem. An wichtigen und kostenintensiven Gemeinwohlaufgaben, wie beispielsweise dem Nacht- und Notdienst, in der Arzneimittelversorgung beteiligen sie sich nicht.“
Es gelte, den Menschen klar zu machen, dass dieser Zustand für die Vor-Ort-Apotheken auf Dauer nicht haltbar sei, so die Apothekerin, die zwei Apotheken in Wipperfürth betreibt. Die meisten Kunden würden ohnehin auf der Seite der Apotheker stehen, meint sie. „Viele von ihnen kommen ganz bewusst in unsere Apotheken und verzichten darauf, im Internet zu bestellen“, weiß Dammüller aus Erfahrung. „Sie schätzen uns“.
Mit ihrer Aktion hoffen die beteiligten Apotheker, ihren Beitrag zur Wahlentscheidung der Kunden zu leisten. „Immerhin gibt es noch einige unentschlossene Wähler“, sagt Dammüller. Es lohne sich, die Menschen gezielt und offensiv darüber zu informieren, dass die Apothekenstruktur durch das EuGH-Urteil gefährdet sei. Denn die meisten würden sich nicht mit der Thematik beschäftigen.
Als Gesprächsgrundlage dient der Flyer der Apothekerkammer Nordrhein, der einen Vergleich zwischen den rechtlich vorgeschriebenen Allgemeinwohlaufgaben und Qualitätsstandards deutscher Apotheken vor Ort und ausländischer Versandapotheken zieht.
„Dieser unfaire Wettbewerb kann das bereits begonnene Apothekensterben dramatisch beschleunigen. Die Leidtragenden sind alle Patienten“, warnt die Apothekerin. Insbesondere treffe es die Menschen, die auf ihre Apotheke vor Ort angewiesen seien – so beispielsweise Notfälle im Nacht- und Notdienst, Patienten mit einem hohen Arzneimittel- und Beratungsbedarf oder Menschen mit eingeschränkter Mobilität.
Doch es gibt laut Dammüller auch kritische Stimmen unter den Kunden, die gegen ein Rx-Versandverbot sind. „Viele von ihnen geben an, online zu bestellen, weil es billiger ist“, berichtet sie. Das merke sie in ihren Apotheken exemplarisch an freiverkäuflichen Produkten. „Viele haben wir bereits aus dem Sortiment genommen, weil sie sowieso woanders gekauft werden“, so Dammüller. Bei Befürwortern des Rx-Onlinehandels könnten Apotheker nicht viel tun, außer sie nochmals mit sachlichen Argumenten auf die Bedeutung der Vor-Ort-Apotheken für die Arzneimittelversorgung hinzuweisen und zu hoffen, dass sie doch noch auf fruchtbaren Boden fallen. Diese Aufklärungsarbeit wollen die Apotheker im Oberbergischen Kreis auch nach der Bundestagswahl fortsetzen und für ihre Existenz kämpfen.