Für die vom BMG produzierte Videoreihe #FragSpahn stellt sich der Minister Fragen rund um die Themen Pflege und Gesundheit. In diesem Rahmen trifft er sich regelmäßig mit unterschiedlichen Akteuren aus dem Gesundheitswesen. Am vergangenen Montag war Apotheker Dr. Philipp Kircher zur Videoaufzeichnung in Berlin, gestern ging das Stück online. Mit APOTHEKE ADHOC sprach er darüber, wie das Interview zustande kam, wie er sich vorbereitet und was er bei dem Gespräch vermisst hat. Was hätten Sie gefragt? Jetzt mit den Kollegen austauschen: Im Labor von APOTHEKE ADHOC.
Direkt nach dem Deutschen Apotheker Tag (DAT) im Oktober schreibt der Apotheker aus München einen Brief an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Er schildert typische Szenarien aus der Offizin, womit man im Alltag zu kämpfen hat. Zum Beispiel erzählt er von Herrn Müller, einem seiner Lieblingspatienten: Der erhält erstmals ein Fentanyl-Pflaster gegen seine chronischen Rückenschmerzen. Und kündigt an, sich dazu gleich auf sein Heizkissen zu legen, um die Schmerzen zusätzlich zu lindern. Der Apotheker kann ihn grade noch davon abbringen. „Die Fentanyl Freisetzungsrate steigt bei erhöhter Hauttemperatur um bis zu 40 Prozent, was im schlimmsten Fall zum Tode führen kann“, erklärt er dem Kunden. Weitere Beispiele folgen, mit denen Kircher dem BMG die Benefits der vor Ort-Apotheken verdeutlichen möchte.
Mit einer Reaktion hat Kircher eigentlich nicht gerechnet. Umso überraschter ist er, als kurz vor Weihnachten tatsächlich eine Antwort kommt. Der Apotheker wird gebeten, Fragen vorzuformulieren für das nähere Auswahlverfahren als Gesprächspartner für #FragSpahn. Offenbar gibt es mehrere Bewerber. Es entsteht ein regelmäßiger Kontakt mit den Pressesprechern des BMG und schließlich kommt die Einladung zur Aufzeichnung in Berlin.
Die Freude bei Erhalt der Zusage ist groß. Sie geht aber auch einher mit einem Gefühl der Aufregung: „Ein kleiner Landapotheker trifft auf einen Mann mit großen Einfluss auf seinem Gebiet“, denkt sich Kircher. Also fängt er an, sich auf das Interview vorzubereiten. Er kontaktiert den Bayerischen Apothekerverband (BAV), um sich über die wichtigen Themen auf den aktuellen Stand zu bringen. „Die Beste Vorbereitung auf diesen Termin war aber das Arbeiten in der Apotheke selbst“, so Kircher.
Aufgezeichnet wurden die Videos am Montag in der Berliner Location Night Kitchen. Für Smalltalk war wenig Zeit, berichtet Kircher. Alles war durchgetaktet, die „Spielregeln“ des BMG klar definiert. Nach zehn Minuten Warm-Up und kurzem Kennenlernen gingen auch schon die Kameras an. Produziert wurde Material für drei Videos á 10 Minuten Länge. Nach dem ersten Video, das am Donnerstag veröffentlicht wurde, folgen in den nächsten Tagen zwei weitere Videos. Hier sollen der zunehmende bürokratische Aufwand sowie wichtige pharmazeutische Dienstleistungen thematisiert werden.
Dem Apotheker war es vor allem wichtig, seine Meinung zur teilweise brisanten Thematik klar darzustellen und seine Standpunkte sicher zu vertreten. Die Nervosität ließ sich Kircher nicht anmerken. Er hat zwar schon einige Vorträge für die Bayrische Apothekerkammer gehalten, dennoch sei das Gefühl vor einer Kamera nochmal anders. „Ich hoffe, einige relevante Themen aufgegriffen zu haben. Mir war auch wichtig, dem Minister zu vermitteln, welchen Mehrwert die Apotheke vor Ort den Patienten bei der Arzneimittelversorgung eigentlich bringt.“ Nach den Video-Aufnahmen hatte der Münchener Apotheker sogar noch die Möglichkeit, sich ganz ohne Kamera mit dem Bundesminister zu unterhalten. „Ich hätte noch viel mehr Themen ansprechen können, aber dafür gab es einfach keine Zeit.“
Mit dem Verlauf des Gesprächs ist er soweit zufrieden. Er hätte sich nur gewünscht, dass der Minister konkreter auf seine Fragen antwortet und weniger versucht, einer Antwort aus dem Weg zu gehen. Aber Kircher kann das auch nachvollziehen: „Er muss ja neutral bleiben...“ Und: „Ich hätte Ihn sehr gerne noch auf die Rolle des Apothekers als 'Lotsen' im Gesundheitssystem angesprochen.“ Sein Beispiel: Eine Mutter mit Säugling auf dem Arm möchte ein Schlafmittel kaufen. Das sei natürlich kein Fall für die Selbstmedikation – ab zum Arzt. Auf der anderen Seite erspare seine Empfehlung zur Selbstmedikation den Arztbesuch. „Es gibt eine schöne Studie des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller, die zeigt, dass jeder ausgegebene Euro in der Selbstmedikation der Volkswirtschaft 17 Euro spart.“
Kircher kommt aus einer Apotheker-Familie: Bereits sein Großvater war Apotheker und übernahm 1951 die älteste Apotheke im Ort. Daraufhin übernahm Kirchers Vater die St. Barbara Apotheke in Peißenberg, welche nach 103 Jahren Betriebszeit den Standort wechselte und nun als St. Ulrich Apotheke im Preißenberger Rigi Center weiterexistiert. Sein Studium absolvierte er an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg. Er promovierte an der Universität in München ab, wo er 2016 den Doktortitel erhielt. Neben der Tätigkeit in der Apotheke arbeitet Kircher auch als Dozent für Arzneimittellehre an der Hebammenschule einer Frauenklinik in der Münchener Umgebung. Zudem ist er auch als Referent im „Begleitenden Unterricht für Pharmazeuten im Praktikum“ und als Sprecher bei der Bayrischen Landesapothekerkammer tätig.
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