Apotheker Gerninghaus überzeugt SPD-Politiker APOTHEKE ADHOC, 14.09.2018 17:30 Uhr
Auf Einladung von Apotheker Dr. Christian Gerninghaus besuchte Landtags-Direktkandidat Swen Bastian (SPD) kürzlich im hessischen Schlitz die Sonnen-Apotheke und informierte sich über die aktuelle Situation der Apotheken im Vogelsbergkreis. Gerninghaus war aufgefallen, dass sich Bastian zuvor zwar um die Lage der Landärzte intensiv gekümmert, die Apotheker aber nie auf dem Schirm hatte. Darum lud er ihn ein. Nach dem Besuch war Bastian überzeugt, dass auch Apotheken, neben der ärztlichen Versorgung, unverzichtbar für die regionale Gesundheitsvorsorge sind.
„Allein vom Alter her werden wir im Vogelsberg bis zum Jahr 2025 einen Nachfolgebedarf für rund 40 Prozent unserer Apotheken haben. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen, die niedergelassene Apotheker benachteiligen, wird es schwer werden, Nachfolger zu finden“, führte Gerninghaus aus.
Dieser Trend lasse sich bundesweit beobachten. Ein großes Problem für alle stationären Apotheken stelle der Online-Versand von Arzneimitteln dar. „Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Bei uns muss immer alles stimmen, von der Hygiene bis zur Temperatur bei Transport und Lagerung. Wie dies ein Onlinehändler im Versand bei hochsommerlichen Temperaturen gewährleisten kann, bleibt ein Rätsel“, betonte Gerninghaus. Dies stelle eine Wettbewerbsverzerrung dar.
Ebenso die Situation beim Notdienst, der im Schnitt alle zehn Tage für eine Apotheke im Vogelsberg anfalle. Denn anders als die stationären Apotheken vor Ort leisteten die Onlineversender im Vogelsberg keinen Nacht- und Wochenenddienst. Auch der sogenannte Kontrahierungszwang, der sicherstelle, dass für jeden Kunden jedes Medikament angeboten oder hergestellt werden müsse, entfalle für Onlinehändler, denn bestimmte Medikamente seien per Gesetz vom Versandhandel ausgenommen, erläuterte Gerninghaus weiter: „Arzneimittel sind eine besondere Ware. Für den Erhalt einer flächendeckenden Versorgung brauchen wir Gleichpreisigkeit bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, auch beim Versand aus dem Ausland. Andernfalls ist gerade in dünn besiedelten Regionen die Versorgung massiv gefährdet“.
„Hier müssen dringend einheitliche Voraussetzungen geschaffen werden, damit unsere Apotheken vor Ort nicht gegenüber der Online-Konkurrenz benachteiligt werden. Örtlichen Apotheken stehen für Qualität und gute Beratung, die man im Internet nicht unbedingt erwarten kann. Die Apotheken im Vogelsbergkreis zahlen ihre Gewerbesteuer vor Ort, unterstützen Vereine und Verbände und leisten so einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des sozialen und kulturellen Angebots im Kreis“, machte SPD-Landtagskandidat Bastian anschließend deutlich.
Allein der bürokratische Aufwand habe in den vergangenen Jahren immens zugenommen. Von neuen rechtlichen Vorschriften bis zu Auseinandersetzungen mit Krankenkassen und Ärzten über „fehlerhafte Rezepte“, reichten die alltäglichen Anforderungen an die Apotheken. „Auf der anderen Seite sind die Vergütungen in den letzten 14 Jahren für uns nicht gestiegen. Das macht die wirtschaftliche Situation und eine erfolgreiche Suche nach einem Nachfolger nicht unbedingt einfacher“, so Gerninghaus.
„Wer heute den vermeintlich einfacheren Weg geht und Medikamente beim Online-Händler bestellt, muss sich bewusst machen, welche Auswirkungen dies auch für ihn in der Zukunft haben kann. Der Online-Händler steht am Wochenende oder beim Notfall nicht zur Verfügung. Die Apotheke vor Ort schon. Deshalb muss für die Zukunft sichergestellt sein, dass die stationären Apotheken ohne Benachteiligung arbeiten können“, sagte Bastian.
Der SPD-Landtags-Direktkandidat und Vogelsberger Kreistagsabgeordnete machte den Vorschlag, die Gesundheitskonferenz des Vogelsbergkreises um die Themen der örtlichen Apothekenversorgung und die Herausforderung der Suche von Nachfolgern zu ergänzen.
„Das wäre ein wichtiger Schritt, um sich dem Thema vor Ort besser annehmen zu können. Ich werde dem zuständigen Dezernenten Dr. Jens Mischak vorschlagen, die Apotheker zur Vogelsberger Gesundheitskonferenz einzuladen. Dadurch kann eine bessere Vernetzung und Interessenvertretung auf Kreisebene entstehen, um die Herausforderungen auch in diesem Bereich gemeinsam anzupacken“, so Bastian.
Aber auch auf höheren Ebenen müsse die Nachfolgesituation aufgegriffen werden, die bei den Apotheken im Gegensatz zur ärztlichen Versorgung weitestgehend unbeachtet bleibe. „Hier muss auch seitens der Verbände eine deutlich bessere Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit erfolgen, um die niedergelassenen Apotheker besser zu unterstützen“, waren sich Gerninghaus und Bastian einig.