Kommentar

Einkauf mit Leitbild

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Berlin -

Es ist nur ein Brief. Ein Gesprächsangebot des MVDA an den ABDA-Präsidenten zum Thema Leitbild. Doch in Köln wird man sich ausgerechnet haben, dass es von Friedemann Schmidt nur eine Antwort geben kann: gar keine. Gerade deshalb ist das Schreiben ein Angriff mit Perspektive: Die Kooperation will künftig politisch mitspielen.

Strategisch ist das ein cleverer Schachzug. Der MVDA attackiert die ABDA nicht, sondern reicht ihr die Hand. Wir haben den Kontakt doch gesucht, können Präsidium und Vorstand später sagen. Ihr wolltet nicht mit uns spielen, also spielen wir jetzt ohne Euch.

Gekonnt nutzt der MVDA für den Sprung auf die politische Bühne ein vergleichsweise unverfängliches Thema: Mit der Betonung der pharmazeutischen Kompetenz kann man immer punkten. Und mit dem Leitbild kann man auch nichts falsch machen – schließlich brennt sowieso nur eine Minderheit für das Thema. Wenn die Debatte ABDA-2030 für etwas nützlich war, dann womöglich für Linda-2020.

Was aber hat eine Einkaufsgemeinschaft wie der MVDA davon, sich das Arzneimitteltherapiemanagement auf die Fahne zu schreiben? Werbung in eigener Sache? Unzufriedene Basisapotheker einsammeln? Das Vakuum nutzen, das die ABDA in ihrer Debatte geschaffen hat, um als Interessenvertretung und irgendwann vielleicht als Vertragspartner für die Kassen ins Spiel zu kommen?

In Köln hatte man bereits vor einem Jahr angekündigt, politischer werden zu wollen. Seitdem wurde mit mehreren Präsidentenbriefen zu prominenten Themen wie Notdienstpauschale und Kassenabschlag am richtigen Tonfall geübt. MVDA-Vize Ulrich Ströh ist ohnehin passionierter Kommentator und anerkannter Rebell in seiner Kammerversammlung.

Doch wenn sich der MVDA jetzt aus dem Windschatten der ABDA traut, wird er irgendwann auch liefern müssen. Daran sind schon viele Splittergruppen gescheitert – mangels Programm und Mitgliederbasis: Dem BVDA etwa gelang es nie, der ABDA politisch gefährlich zu werden. Jetzt sorgt der Miniverein nur noch mit PR-Preisen für das eigene Auskommen. Der BVDAK wiederum konnte nie die großen Kooperationen für sich gewinnen und hat seit dem Aus für die FDP auch noch seine politischen Kontakte verloren. Der jährliche Kongress ist hier die Existenzberechtigung.

Auch für den MVDA hat das Jonglieren mit zwei Bällen Risiken, zumal er sich keine Alliierten gesucht hat und auch nicht den Umweg über einen Verband geht. So müssen sich die Mitglieder fragen lassen, warum sie sich in Sachen Leitbild nicht als Individualapotheker in die offizielle Debatte einbringen. Wer der ABDA Terrain abnehmen will, muss selbst Pläne für die Gestaltung haben.

Im Vertragswesen ist es dem MVDA bislang nicht gelungen, sich als Alternative zu den Apothekerverbänden ins Spiel zu bringen. Im politischen Umfeld sind die Risiken weitaus größer. Zwielichtige Konzepte wie „Vorteil24“ sind für den MVDA jetzt jedenfalls tabu. Bei Ordermed/DrEd hat Linda bereits gezeigt, dass man politisches Gespür entwickelt hat.

Gefährlich ist das Doppelspiel der MVDA-Apotheker für den ganzen Berufsstand. Denn wohin eine Zersplitterung der Interessenvertretung führen kann, lässt sich bei den Ärzten beobachten. Politik und Kassen erkennen solche Schwächen instinktiv und nutzen sie zu ihren Gunsten. Schon bei der Novellierung der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) musste die ABDA plötzlich gegen Verbände antreten, die gar keine Mitglieder hatten.

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