Apothekensterben: Nur mehr Geld im System hilft Laura Schulz, 26.08.2024 14:35 Uhr
Apotheken ohne Approbierte sind für Dr. Heike Pfäffle-Planck ein rotes Tuch und würden im Kampf gegen das Apothekensterben überhaupt nicht helfen. Beim Besuch der FDP-Bundestagsabgeordneten Renata Alt in ihrer Pinguin-Apotheke im baden-württembergischen Kirchheim unter Teck sprach die Apothekerin über die Reformpläne aus dem Bundesgesundheitsministerium. Außerdem erklärte sie der Politikerin, warum es gegen den Schwund nur ein Mittel gebe.
Im Rahmen der Aktion „Wir müssen reden“, die der Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) bereits Anfang des Jahres ins Leben gerufen hat, empfing Pfäffle-Planck die Politikerin am Freitag in ihrer Apotheke. Alt ist stellvertretendes Mitglied im Gesundheitsausschuss und hat ihren Wahlkreis im nahegelegenen Nürtingen. „Ich möchte mit Frau Alt wirklich in den Dialog kommen. Natürlich werde ich sie auf die wesentlichen Probleme und auf unsere Sorgen ansprechen: Wir haben ein sehr gut funktionierendes und qualitativ hochwertiges Apothekensystem, dessen Problem rein die Unterfinanzierung ist“, so die Inhaberin vor dem Termin.
„Anstatt dieses Problem anzugehen, gefährdet die aktuell vorgeschlagene Apothekenreform das ganze System. Aber ich will auch nach vorne blicken und ihr erklären, welche Ideen wir als Apothekerschaft haben, die ortsnahe Versorgung nach vorne zu bringen und zu stärken“, so Pfäffle-Planck weiter. Im Gespräch verdeutlichte sie, dass vor allem eine Anpassung des fixen Honoraranteils bei der Vergütung von Rx-Arzneimitteln dringend überfällig ist und angegangen werden müsse, damit das Apothekensterben nicht noch dramatischer werde.
„Die Idee von Herrn Lauterbach, Apotheker:innen durch PTA zu ersetzen und damit das Apothekensterben umzukehren, wird nicht funktionieren: Viele PTA sind nicht bereit, die Verantwortung der Leitung einer Filiale zu übernehmen und schon gar nicht bei gleichbleibender Bezahlung“, konstatiert die Inhaberin. Auch Qualität und Service werde so nicht bestehen können. „Viel mehr muss die Arbeit in der Apotheke für alle Mitarbeiter und auch Inhaber finanziell attraktiver werden. Das ist bei der Honorierung von Apotheken aber aktuell nicht darstellbar.“
pDL helfen nicht beim Apotheken-Erhalt
Zusätzliche Services und damit weitere Einnahmen durch pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) würden die Apotheken jedenfalls nicht retten, verdeutlichte Pfäffle-Planck. „Dies reicht nicht aus, denn trotz steigender Kundenzahlen bleibt am Ende nicht genug Gewinn übrig. Hier kann somit nur die Politik helfen. Verbessert sich die Vergütung, wird der Arbeitsplatz Apotheke attraktiver, wird mehr in neue Apotheken investiert und wir haben das Problem des Apothekensterbens gelöst – und zwar nachhaltig“, so die Apothekerin.
Ihre Besucherin habe aufmerksam zugehört, so Pfäffle-Planck, und stehe ihrem Eindruck nach voll und ganz hinter dem Konzept Vor-Ort-Apotheke. Die Abgeordnete erklärte ausdrücklich, dass sie sich Apotheken ohne Approbierte nicht vorstellen könne und sich für die Apotheken in Deutschland einsetzen möchte. „Wir können nur hoffen, dass die Politik die Vergütung nachhaltig anpasst und so unseren Berufsstand und die Gesundheitsversorgung langfristig sichert. Wir alle müssen jetzt handeln und die Politik über die tatsächlichen Probleme in den Apotheken informieren, bevor es zu spät ist“, so Pfäffle-Planck abschließend.
LAV-Aktion in weiteren Apotheken
In den vergangenen Wochen nutzten mehrere Inhaber:innen die LAV-Aktion zum Austausch mit Politikerinnen vor Ort. So war der FDP-Bundestagsabgeordnete Martin Gassner-Herz in der vergangenen Woche in der Rosen-Apotheke in Kehl-Bodersweier von Inhaber Pierre Ritschel. Anschließend teilte der Politiker mit, dass Apotheken mehr seien als nur ein Ort der Abgabe von Arzneimitteln. Eine Apotheke ohne Approbierte würde das Vertrauensverhältnis zwischen Apotheken und der Bevölkerung massiv schwächen, so Gassner-Herz. Auch eine reine Umverteilung des Geldes im System hält er für wenig zielführend.
Zum Notdienst blieben die Landtagsabgeordnete Sarah Schweizer und der Bundestagsabgeordnete Hermann Färber (beide CDU) vor einer Woche in der Hirsch Apotheke in Göppingen von Inhaber Philipp Wälde. Mit dabei war auch Dr. Martin Braun, Präsident der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg. Schweizer betonte nach dem „lockeren Abend“, dass Apotheken ohne Approbierte für sie ein No-Go wären.
Bereits Anfang des Monats besuchte der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Donth die Apotheke Bernloch von Frank Schmid. Leichtere Tätigkeiten übernahm Donth hier gleich selbst und packte mit an, zum Beispiel beim Wareneingang. Schmid und auch LAV-Vorstandsmitglied Caspar Spindler besprachen mit Donth die drängendsten Themen, wie die längst überfällige Honoraranpassung, die Gefahren der geplanten Reform und die mangelnde Gesprächsbereitschaft auf Seiten Karl Lauterbachs (SPD). „Die Sorgen der Apotheken müssen vom Bundesgesundheitsminister endlich ernst genommen und konkrete Maßnahmen ergriffen werden“, teilte Donth anschließend mit.
Kurz zuvor lud LAV-Beirätin Sarah Pfister die Grünen-Bundestagsabgeordnete Chantal Kopf in ihre Freiburger Fontane-Apotheke ein. Neben den Reformthemen ging es hier unter anderem auch um den hohen Frauenanteil in Apotheken „und die tolle Möglichkeit, sich als Akademikerin leicht selbständig zu machen. Wir haben ganz praxisnah die Herstellung von Kapseln vorgeführt und konnten daran prima erklären, wie wichtig die Rezeptur gerade für die Versorgung von Kindern ist.“
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