Tod durch Gift aus Apotheke

Apothekenschließungen in Köln: SPD kritisiert zu späte Reaktion

, , Uhr
Köln -

Nach dem Tod einer 28-jährigen Schwangeren und ihres ungeborenen Kindes durch eine toxische Glukosemischung aus einer Kölner Apotheke dauern die Zeugenbefragungen der Angestellten an. „Wir vernehmen nach wie vor niemanden als Beschuldigten. Das Verfahren richtet sich gegen Unbekannt“, teilte die Kölner Staatsanwaltschaft mit. Es sei weiterhin unklar, wie das toxische Mittel in den Glukosebehälter gelangt ist. Weder Fahrlässigkeit noch Vorsatz seien auszuschließen.

Am Donnerstag veranlasste das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium die Schließung der betroffenen Heilig-Geist-Apotheke und zweier weiterer Betriebe desselben Inhabers, um ein „Restrisiko“ auszuschließen. Bis dahin hatte die Stadt Köln der Heilig-Geist-Apotheke lediglich den Vertrieb selbst hergestellter Arzneimittel untersagt. Der zeitliche Ablauf der Ereignisse ist auf Antrag der Opposition im Düsseldorfer Landtag Thema in der nächsten Sitzung des Gesundheitsausschusses am 2. Oktober.

SPD und Grüne hatten hierfür eine Aktuelle Viertelstunde beantragt. In diesem Format trägt NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) einen Bericht zum aktuellen Stand vor und stellt sich anschließend den Fragen des Ausschusses. Josef Neumann, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, kündigte bereits kritische Nachfragen an: „Wie nach Bekanntwerden dieser Ereignisse die betroffenen Apotheken noch mehrere Tage geöffnet bleiben konnten, ist für mich schlicht nicht nachvollziehbar. Bürgerinnen und Bürger sind viel zu lange in Unsicherheit gelassen worden.“

Mehrdad Mostofizadeh, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, sagte: „Die Behörden müssen jetzt zügig aufklären, damit entsprechende Konsequenzen gezogen werden können. Dabei ist auch der Vorschlag des Vereins Patientenschutz zu prüfen, inwieweit Apotheken Proben von selbst hergestellten Medikamenten verwahren sollten oder andere Methoden der Beweissicherung erfolgen können.“ Neumann und Mostofizadeh zeigten sich „zutiefst erschüttert“ von den Todesfällen und fordern von Minister Laumann eine Erklärung, „wie es dazu kommen konnte.“

Die Schließung der drei Apotheken wurde am Donnerstag vom Kölner Gesundheitsamt durchgeführt. Till Fuxius, Inhaber der drei betroffenen Betriebe, hatte zuvor noch auf die Fortführung des Betriebs gehofft, schließlich habe er seine Kunden immer gut versorgt. Eine Erklärung für die vergiftete Glukosemischung hatte der Apotheker nicht: „Ich bin fassungslos, ich kann es mir nicht erklären.“ Fuxius hob – wie die Staatsanwaltschaft Köln – hervor, dass er in dem Fall „Zeuge, nicht Beschuldigter“ sei.

In der Bevölkerung rief die Maßnahme der Landesregierung ein geteiltes Echo hervor. So heißt es in den Google-Rezensionen zur Heilig-Geist-Apotheke unter anderem: „Ich bin froh, dass die Schließung angeordnet wurde“. Auch dass einige kritische Kommentare entfernt wurden, sorgte für Verärgerung: „Da sieht man, wie ehrlich diese Apotheke ist. Da wird versucht, die Schuld an den Toden auf den Lieferanten zu schieben.“ Vereinzelt gibt es jedoch auch Rückhalt für Fuxius und sein Team: „Unverständlich, warum hier versucht wird, die Existenz der Angestellten und der Apotheke selbst zu zerstören“ und „Habt weiterhin mein vollstes Vertrauen“ ist in den Rezensionen zu lesen.

Vor einer Woche waren eine Mutter und ihr per Kaiserschnitt geborener Säugling gestorben, nachdem die 28-Jährige für einen Diabetes-Test eine Glukosemischung aus der Apotheke eingenommen hatte. Die Obduktion ergab bei beiden multiples Organversagen. Ob das Baby tatsächlich am Gemisch oder den Folgen des Kaiserschnitts starb, ist jedoch unklar. Eine weitere Frau brach die Einnahme des Gemischs nach Auftreten erster Symptome sofort ab. Polizei und Stadt hatten am Montag ausdrücklich davor gewarnt, Mittel mit Glukose einzunehmen, die in der Heilig-Geist-Apotheke in Köln-Longerich zusammengestellt worden waren.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
2500 Packungen illegal nach China verkauft
Paxlovid: Apothekerin aus Innsbruck angeklagt

APOTHEKE ADHOC Debatte