Tagesordnung ohne ApoRG

Apothekenreform nicht im Kabinett

, Uhr aktualisiert am 21.08.2024 11:00 Uhr
Berlin -

Das Bundeskabinett befasst sich in seiner heutigen Sitzung nur mit den Vorlagen, die ohne Aussprache beschlossen werden. Das teilt das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung mit. Das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) gehört nicht dazu.

Das BMG hält sich bedeckt. Auf die Frage, warum das ApoRG heute erneut nicht ins Kabinett eingebracht werden konnte und ob Lauterbach bereits einen neuen Termin ins Auge gefasst habe, heißt es lediglich: „Die regierungsinternen Beratungen dauern noch an“.

Bereits gestern hatte sich abgezeichnet, dass die Apothekenreform auch im zweiten Anlauf nicht ins Kabinett kommen würde. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ließ Anfragen unbeantwortet, die anderen beteiligten Ressorts verwiesen an das Haus von Lauterbach. Auffällig war auch, dass keine Pressekonferenz zu Kabinettsbeschlüssen anberaumt worden war; normalerweise nutzt das BMG solche Gelegenheiten.

Auch das Gesundes-Herz-Gesetz (GHG) ist gestrichen – hier hatten die Kassen, aber auch die Grünen Bedenken angemeldet, weil sie unnötige Arzneimittelverordnungen befürchten. Lediglich eine Stellungnahme für den Bundesrat um Zusammenhang mit der geplanten Änderung des Transplantationsgesetzes und Einführung der Widerspruchslösung wurde durchgewunken.

Dass auch der zweite Anlauf nicht geklappt hat, zeigt den großen Dissens auch innerhalb der Bundesregierung über das Vorhaben. Lauterbach selbst hatte dies zuletzt eingeräumt; er vertritt aber die These, dass sich nur mit seiner Reform ein weiteres Apothekensterben abwenden lässt. Theoretisch hätte er – wie bei den Gesundheitskiosken – die umstrittenen Apotheken ohne Approbierte streichen können; allerdings wäre es hier wohl unwahrscheinlich, dass er sie im parlamentarischen Verfahren wieder hineinbekommen hätte. Ohnehin gibt es zahlreiche weitere strittige Punkte, etwa die Kürzung der Marge von 3 auf 2 Prozent.

Da es keinen solchen Kompromiss gegeben hat, dürfte also weiter über die Pläne gestritten werden, sofern das ApoRG nicht komplett in der Versenkung verschwindet.

Aus den Ländern kommt massiver Druck; gerade in Sachsen, Thüringen und Brandenburg dürfte man keine Lust haben, wegen eines umstrittenen Themas wie der Apothekenreform noch mehr Wählerstimmen zu verlieren. Auch mehrere SPD-Gesundheitsministerinnen und -minister haben sich bereits offen gegen die geplanten Apotheken ohne Approbierte ausgesprochen.

Innerhalb der Regierung kommt insbesondere von der FDP Widerstand, während die SPD-Fraktion zuletzt noch einmal versucht hatte, in den eigenen Reihen zu beruhigen. Bei den Grünen scheint sich niemand weiter für das Thema zu interessieren, alle Gesundheitspolitiker verweisen auf Paula Piechotta, die für Apothekenthemen zuständig sei. Allerdings ist sie als Mitglied im Haushaltsausschuss derzeit ausgelastet.

Ursprünglich wollte Lauterbach das ApoRG bereits am 17. Juli ins Kabinett einbringen. Das hat aber nicht geklappt – Lauterbach schob den Urlaub seines Kabinettskollegen Marco Buschmann vor, wodurch die Rechtsförmlichkeitsprüfung im Justizministerium (BMJ) nicht rechtzeitig habe abgeschlossen werden können. Später stellte das BMJ klar, dass es nicht nur um eine rein formale, sondern um eine umfassende rechtliche Prüfung ging und dass der Urlaub des Ministers jedenfalls kein Hindernis sei.

In der vergangenen Woche stellte sich auch noch das Bundesforschungsministerium (BMBF) dem Vorhaben in den Weg. Man habe einen Leitungsvorbehalt eingelegt, bestätigte eine Sprecherin auf Anfrage. Insbesondere die Regelungen zu Filialapotheken und Apotheken ohne Präsenzapotheker seien auf Kritik gestoßen. Die Prüfung hier sei noch nicht abgeschlossen, so das Ressort unter Leitung von Bettina Stark-Watzinger (ebenfalls FDP).

Das Ganze ist kein Zufall; zuvor hatte sich FDP-Chef Christian Lindner klar gegen die von Lauterbach geplanten Apotheken ohne Präsenzapotheker positioniert. Sein Finanzministerium hatte bereits den ersten Durchgang in der Ressortabstimmung verzögert.

Massiver Druck kommt auch aus Hessen; mit Innenministerin Nancy Faeser (SPD) könnte ein weiteres Kabinettsmitglied zumindest hinter verschlossenen Türen noch Bedenken anmelden.

Zuletzt räumte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) selbst ein, dass der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Regierung noch nicht abgeschlossen sei. Sowohl an seinen Apotheken ohne Apotheker als auch am Kabinettstermin hielt Lauterbach aber bis zuletzt fest. Er gab sich noch in der vergangenen Woche zuversichtlich, dass seine Reform mit „wenigen Änderungen“ verabschiedet wird.

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