In einem zwölfseitigen Brief an die Bundestagsfraktionen der SPD und Grünen zieht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Bilanz über die vergangenen drei Jahre. Mit seiner Leistung zeigt er sich zufrieden: Man habe „viel erreicht“, erklärt er. Durch das Ende der Ampel-Koalition seien jedoch auch wichtige Reformprozesse unterbrochen worden, die es in der nächsten Legislaturperiode zu vollenden gelte – darunter auch das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG).
„Nach drei Jahren intensiver Reformarbeit, an der das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker des Deutschen Bundestages ebenso wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beteiligt waren, können wir mit Fug und Recht behaupten: Wir haben viel erreicht“, erklärt der Minister in seinem Schreiben.
„Mit dem Entwurf für ein Apothekenreformgesetz – ApoRG liegen Lösungen bereit, um den Erhalt eines flächendeckenden Apothekennetzes mit persönlicher Vor-Ort-Beratung zu sichern“, heißt es in Lauterbachs Schreiben. Von seiner häufig scharf kritisierten Idee, die Apothekenlandschaft flexibler zu gestalten – explizit, indem PTA fast alleine die Arzneimittelversorgung vor Ort übernehmen können sollen –, nimmt Lauterbach auch jetzt noch nicht Abstand. Außerdem plant er weiterhin die Einführung flexiblerer Öffnungszeiten und die Möglichkeit der Telepharmazie.
Für Gebiete, die mit Apotheken unterversorgt sind, soll zudem die Gründung neuer Apotheken „deutlich vereinfacht“ werden. Zusätzlich wird die Apothekenvergütung für Notdienste erhöht. Er spricht zudem von einer Änderung bei der Honorierung. Zwar wird er hier nicht konkreter, doch da er von den anderen Aspekten seiner Reform nicht abgewichen ist, liegt die Vermutung nahe, dass er auch hier weiter sein Umverteilungssystem analog zum Referentenentwurf im Sinn hat.
Neben dem ApoRG plant Lauterbach in der nächsten Legislatur unter anderen auch sein „Gesundes-Herz-Gesetz“. Es sieht unter anderem die Einführung von fünf neuen pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) vor, bei denen die Apotheken eine besonders wichtige Rolle spielen sollen: „Insbesondere sollen niedrigschwellige Beratungsangebote in Apotheken, die Einführung von Check-Ups für Herz-Kreislauferkrankungen sowie erweiterte Leistungen zur Früherkennung einer Fettstoffwechselerkrankung im Rahmen der Kinder- und Jugenduntersuchungen dazu beitragen, Herz-Kreislauferkrankungen entgegenzuwirken.“ Die lange und mehrfach angekündigte Entbürokratisierung soll in Form des Gesundheitswesen-Bürokratieentlastungsgesetzes (GBEG) kommen.
Lauterbach listet unter seinen Vorhaben auch weiterhin die Einrichtung seines neuen Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit (BIÖG-ErrichtungsG). Aktuell versucht Lauterbach allerdings, hier bereits mit Verordnungen noch vor Legislaturende Fortschritte zu erzielen. Daneben sind noch weitere Reformen für die Ausbildungen in der Pflege geplant, wie das Pflegefachassistenzeinführungsgesetz und das Pflegekompetenzgesetz. Auch auf der Agenda des Ministers ist das Gesundheits-Digital-Agentur-Gesetz (GDAG), um nach E-Rezept und ePA die Digitalisierung des Gesundheitswesens weiter voranzubringen.
„Unser Ziel ist und bleibt es, die Versorgungssicherheit in ganz Deutschland dauerhaft gewährleisten, indem wir das Gesundheitssystem aufbauend auf bestehenden Strukturen gemeinsam auf Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten“, schließt Lauterbach.
„Mit insgesamt 19 verabschiedeten Gesetzen haben wir begonnen den großen Reformbedarf im Gesundheitssystem systematisch abzuarbeiten“, erklärt Lauterbach in seinem Schreiben. Besonders hebt er seine umstrittene Krankenhausreform hervor, die trotz des Endes der Ampel-Koalition und starker Kritik Ende vergangenen Jahres noch den Bundesrat passieren konnte. Sie sei „die wohl größte und zugleich bedeutendste Strukturreform dieser Legislaturperiode und in jedem Fall die größte Veränderung der Krankenhausfinanzierung der vergangenen 20 Jahre.“
Außerdem zählt er das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, mit dem laut Lauterbach die zu Beginn der Legislaturperiode bestehende Finanzierungslücke von 17 Milliarden Euro geschlossen und „die finanzielle Stabilität der GKV gesichert“ werden konnte. Sowie das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) und das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) zu seinen Erfolgen. Ergänzend verweist er auf das Medizinforschungsgesetz (MFG) und seine Rolle bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens, etwa durch die Einführung des E-Rezepts und der elektronischen Patientenakte (ePA).
Außerdem scheint sich der Minister weiterhin zielstrebig im Amt des Gesundheitsministers zu sehen. Schließlich habe er, wie er sagt, noch viel vor: „Die Erneuerung unseres Gesundheitssystems ist kein Projekt nur für eine Legislaturperiode. Sie ist ein kontinuierlicher Prozess, um unser System den sich wandelnden Erfordernissen anzupassen und Antworten und Lösungen für aktuelle Probleme und sich abzeichnende Herausforderungen zu finden.“
Durch das vorzeitige Ende der Ampelkoalition sei leider „unklar“, erklärt der Minister, ob noch Reformvorschläge aus seinem Hause umgesetzt werden können. „Sie bilden jedoch in jedem Fall eine gute Grundlage, um den notwendigen Modernisierungsprozess in der nächsten Legislatur weiterzuführen“, ist Lauterbach überzeugt.
Hier nennt der Minister die beiden großen Gesetzesvorhaben, die sich bereits im parlamentarischen Verfahren befinden: die Reform der Notfallversorgung sowie das Gesundheitsversorgungsverbesserungsgesetz (GVSG). Doch auch die gescheiterte Apothekenreform hofft der amtierende Minister in der nächsten Regierung ganz in seinem Sinne umsetzen zu können.