Telepharmazie

Apothekenreform: Experte fordert TIM-Pflicht

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Berlin -

Der Entwurf für das Apothekenreformgesetz (ApoRG) wirft nach wie vor viele Fragen auf, zum Beispiel im Punkt Telepharmazie. Bereits bestehende Kommunikationswege wurden komplett außen vor gelassen, bemängelt ein Experte: Was ist mit der Kommunikation im Medizinwesen (KIM) und dem TI-Messenger (TIM)? Oder werden hier den „Heuschrecken“ aus dem Markt für Videosprechstunden Tür und Tor geöffnet?

Beide Kommunikationswege sind bereits am Markt, werden aber nur bedingt genutzt. Dabei wurden sie mit viel Mühe und viel Geld bereits aufgebaut. Laut Entwurf zum Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG) werden für Themen rund um die Dienste sogar drei neue Stellen bei der geplanten Digitalagentur – aktuell Gematik – geschaffen.

Die beiden Dienste sind klar zu differenzieren: KIM ist für „formelle, dokumentenbasierte Kommunikation, die eine qualifizierte elektronische Signatur erfordert, wie eArztbriefe“, vorgesehen; TIM hingegen auf die „alltägliche, schnelle Kommunikation und organisatorischen Austausch zwischen medizinischem Personal“ – auch die Versicherten sollen demnächst Zugang bekommen.

Doch warum werden die bestehenden Kanäle bei der angedachten Version der Telepharmazie nicht genutzt? Das fragt sich TI-Experte Mark Langguth, ein auf die Digitalisierung des Gesundheitswesens spezialisierter Unternehmensberater, der sich seit 17 Jahren mit dem Bereich der Telematikinfrastruktur der Gematik befasst. Er freut sich zwar, dass die Telepharmazie als weitere Digitalisierungsmaßnahme gefördert werden soll – „allerdings findet sich im Entwurf keinerlei Verpflichtung für die Apotheke, hierfür auch den TI-Messenger unterstützen zu müssen“.

TIM kommt so oder so

Den Schritt, den das BMG hier geht, verwundert den Experten: „Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund überraschend, dass TIM bereits auch als Verfahren für Videosprechstunden von Arztseite unterstützt werden muss (sobald TIM die Videosprechstunde verpflichtend unterstützt) und dass nach dem Gesundes-Herz-Gesetz (GHG) die Krankenkassen ihre Empfehlungen und Einladungen an ihre Versicherten mit TIM-Account über TIM senden müssen.“ Warum wurde der Kommunikationskanal bei der Telepharmazie nach ApoRG also nicht beachtet?

Langguth ist für eine Anpassung: „Aus Patientensicht ist es wichtig, dass sie ein Tool und einen Account für ihre Kommunikation mit Kassen, Ärzten und Apotheken verwenden können. Dieses eine Tool soll TIM – mit einer Bedienung über die ePA-App – werden. Entsprechend sollten die Apotheken auch gesetzlich verpflichtet werden, TIM nutzen zu müssen, wenn die Patienten dies wünschen.“

Wenn TIM nun ab dem kommenden Jahr auch die Versicherten integriere und sämtliche Kommunikation vereine, wäre das doch nur zum Vorteil der Patient:innen, meint Langguth. Daher spricht er sich für die Pflicht aus, dass für die Telepharmazie „mindestens auch TIM“ zu nutzen sei.

TIM statt WhatsApp

Einige Lösungen gibt es bereits, mit dem Gesetz würden sicher auch noch weitere, beispielsweise in das Apothekenverwaltungssystem integrierbare Möglichkeiten kommen, TIM könnte aus Sicht des Experten aber einen sinnvollen Mindeststandard abbilden, den alle nutzen sollten. Ein weiterer Aspekt: TIM könnte auch sehr gut die WhatsApp-Services einiger Apotheken ersetzen, die sich mit dem Nachrichtendienst des Facebook-Mutterkonzerns bisher in einer rechtlichen Grauzone bewegen.

Aktuell gibt es nur einen von der Gematik zugelassenen Anbieter für TIM: Famedly. Hier geht es derzeit zwar noch um Textnachrichten, im Laufe des kommenden Jahres soll aber auch die Funktion für Videosprechstunden freigeschaltet werden.

Rechtlicher Rahmen

Laut Entwurf für das ApoRG ist eine entsprechende Änderung der Apothekenbetriebsordnung (ApoBetrO) für das Thema Telepharmazie geplant. § 20 soll demnach um Absatz 3a ergänzt werden: „Eine Beratung kann durch entsprechend befugtes Personal der Apotheke auch im Wege der Telepharmazie über eine nach dem Stand der Technik Ende-zu-Ende verschlüsselte, synchrone Echtzeit-Videoverbindung ohne Schalten von Werbung erfolgen. Die geltenden Datenschutzbestimmungen sind einzuhalten.“

Ergänzend soll für den Bedarf der Abstimmung mit einer oder einem Approbierten im ApoBetrO aufgenommen werden, dass in diesem Fall eines Beratungsbedarfes, „den das Personal vor Ort nicht erfüllen kann“, eine Beratung mittels Telepharmazie „durch einen Apotheker einer Apotheke des Filialverbunds“ erfolgen muss.

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