Die Krankenkassen wollen den Apothekenmarkt umkrempeln: Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorsitzender des GKV-Spitzenverbands, kritisierte „mittelalterliche Gildenstrukturen“. „Ich glaube, dass die Struktur des Apothekenmarktes dringend zur Diskussion gestellt werden muss“, so von Stackelberg bei der Vorstellung des GKV-Positionspapier zur Arzneimittelversorgung.
Auch wenn sich die Regierung für den Erhalt des Fremd- und Mehrbesitzverbots ausgesprochen hat, halten die Kassen an ihrer Forderung nach dessen Aufhebung fest: „Vernünftige Forderungen sollte man mit Hartnäckigkeit durchsetzen – irgendwann ist man erfolgreich“, so von Stackelberg. Einen politischen Verbündeten sieht er im Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen.
Dass durch Apothekenketten die Versorgung in der Fläche gefährdet sein könnte, glaubt von Stackelberg nicht: Die Diskussion, wie die Versorgung auf dem Land sichergestellt werden könne, gebe es schon lange, so von Stackelberg. Aus seiner Sicht geht es darum, „zielgenaue Instrumente“ zu entwickeln. Ziel sei es, „Vorteile für die Versicherten zu erschließen und nicht den Apotheken zu überlassen.“
Dem Ziel, die ländliche Versorgung sicherzustellen, entspricht aus Sicht der Kassen auch ihre Forderung, die Vorgaben für Filialapotheken zu reduzieren und statt einem Apotheker vor Ort einen Approbierten mittels Teleassistenz zuzuschalten. Für Apotheken gebe es keinen Bedarfsplanung, so Dr. Antje Haas, Leiterin der Abteilung Arznei- und Heilmittel. Und da auch nicht absehbar sei, dass es künftig eine Bedarfsplanung gebe, müsse anders überlegt werden wie die Versorgung in ländlichen Gebieten sichergestellt werden könne.
„Zynisch wäre es, diese Gebiete ausdünnen zu lassen“, so Haas. Stattdessen wolle man dafür Sorge tragen, dass Haupt- und Filialapotheken nicht mehr gleich ausgestattet sein müssten. Dabei solle es nicht um komplizierte Beratung gehen, sondern um alltägliche Situationen ohne Komplexität – ähnliche Projekte gebe es bei Ärzten bereits.
Stackelberg will auch im „Handelsbereich“ sinnvoll Vorteile für die Versicherten generieren. Die Versorgung auf dem Land müsse gefördert werden, ohne unnötige Überversorgung in Ballungsräumen zu begünstigen. „Die Vorschläge der Apothekerschaft sind immer wieder darauf zu hinterfragen, ob sie wirklich die Versorgung auf dem Land stärken“, so von Stackelberg mit Blick auf die Honorarforderungen der ABDA. Über diese kann aus seiner Sicht erst diskutiert werden, „wenn endlich von der Apothekerschaft repräsentative Daten zu den Kosten und dem gestiegenen Aufwand vorgelegt werden“.
Er wisse, dass bei den Apothekern „der Traum von zusätzlichen Vergütungsformen geträumt wird“. Man sei Vorschlägen offen, so von Stackelberg, allerdings nur, wenn es einen Zusatznutzen für Patienten gebe. Allerdings sei der Nutzen oft nicht feststellbar, stattdessen gebe es Doppelversorgung. Das führt aus von Stackelbergs Sicht dazu, „dass wir hier schon skeptisch sind“.
Als Beispiel nannte Haas das Medikationsmanagement, das derzeit als Teil der Pauschalbildung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) vergütet werde. Ein paralleles Medikationsmanagement von Hausarzt und Apotheker sei daher eine nicht legitime Doppelleistung. Anders sehe es allerdings aus, wenn es Unterschiede zwischen den Leistungen gebe. Dazu gebe es vielversprechende Projekte im selektivvertraglichen Bereich.
Stackelberg betonte: „Die Arzneimittelversorgung in Deutschland braucht einen Modernisierungsschub, damit die Menschen in Zukunft besser, sicherer und wirtschaftlicher mit Medikamenten versorgt werden können.“ Der GKV-Spitzenverband fordert unter anderem, „Mondpreise“ bei der Markteinführung neuer Arzneimittel einzudämmen. Daher soll der Erstattungsbetrag, auf den sich Kassen und Hersteller nach der frühen Nutzenbewertung einigen, künftig rückwirkend ab dem ersten Tag gelten.
Zuletzt gab es heftige Differenzen wegen des hoch wirksamen, aber sehr teuren Hepatitis-C-Präparates Sovaldi (Sofosbuvir). Die Preisverhandlungen zwischen Hersteller Gilead und den Kassen waren Ende vergangener Woche gescheitert. Nun soll eine Schiedsstelle binnen drei Monaten eine Entscheidung herbeiführen. Durch die Verhandlungen nach einem Jahr sparen die Kassen jährlich mindestens 450 Millionen ein. Würden die Preise rückwirkend ab dem ersten Tag gelten, wäre es ein Drittel mehr, erläuterte von Stackelberg.
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