Die Krankenkassen wollen nach dem Großhandels- auch das Apothekenhonorar deckeln. Um es allen Beteiligten einfach zu machen, bricht der GKV-Spitzenverband in seinem Vorschlag mit der Systematik der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV).
In seiner Stellungnahme zum Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) schlägt der GKV-Spitzenverband für die Deckelung des Apothekenhonorars einen konkreten Betrag vor: Die 3-Prozent-Marge soll bei einem Betrag von 36,70 Euro gekappt werden. Die Apotheken würden damit bei Hochpreisern weniger verdienen als der Großhandel, der immerhin 37,80 Euro geltend machen kann.
Auf Nachfrage rechnet der Kassenverband vor: „Beim Apotheken-Großhandel ist nach der AmPreisV ein prozentualer (Höchst-)Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens aber 37,80 Euro vorgesehen.“ Damit sei die Vergütung ab einem Herstellerabgabepreis (ApU) von 1200 Euro gedeckelt, erklärt ein Sprecher. „Diese Grenze soll nach unserem Vorschlag auch für die Apotheken gelten.“
Der Rest der Rechnung ist einfach: Bei einem prozentualen Aufschlag von 3 Prozent für Apotheken kommt der Kassenverband beim ApU von 1200 Euro auf 36 Euro. „Da der Großhandel zusätzlich noch ein Fixum von 70 Cent erhält, das nicht rabattierbar ist, soll dieses auch den Apotheken gewährt werden. Dies führt dann zu 36,70 Euro als Höchstgrenze für Apotheken.“
So mathematisch korrekt der Vorschlag ist, so falsch ist er in seiner Systematik. Denn geflissentlich blenden die Kassen den variablen Anteil des Großhandelshonorars aus – vermutlich deshalb, weil es rabattierbar ist. Schließt man ihn ein, ergibt sich als Berechnungsgrundlage ein Apothekeneinkaufspreis (AEP) von 1238,50 Euro und damit eine prozentuale Spanne von 37,16 Euro.
So gering der finanzielle Unterschied bei Hochpreisern sein mag, so gravierend ist das Rechtsverständnis der Kassen: In der AMPreisV ist eindeutig geregelt, dass sich das Apothekenhonorar aus dem Betrag errechnet, „der sich aus der Zusammenrechnung des bei Belieferung des Großhandels geltenden Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer und des darauf entfallenden Großhandelshöchstzuschlags […] ergibt“.
Ausnahmen gelten nur für Diamorphin zur Substitution sowie für bestimmte, ausschließlich direkt zu beziehende Medikamente für den Klinikbedarf, das sind Blut- und Gewebezubereitungen, Volumenersatzflüssigkeiten, Diagnostika, medizinische Gase, Radiologika, klinische Prüfpräparate, Blutegel und Fliegenlarven sowie Präparate, die nach EU-Verordnung schwerkranken Patienten kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Die Kassen argumentieren in ihrer Stellungnahme, dass bei zunehmendem Anteil hochpreisiger Arzneimittel der prozentuale Zuschlag die Vergütung durch den Festzuschlag bei Weitem übersteige. „Dies widerspricht der im Jahr 2004 eingeführten Vergütungssystematik.“ Als Beispiele werden Präpataze zur Behandlung von Hepatitis C oder Krebsmedikamente genannt.
Für den Großhandel gelte eine Kappungsgrenze für den prozentualen Vergütungsanteil, die für Apotheken fehle. Der GKV-Spitzenverband fordert daher, die preisabhängige Vergütungsform analog zum Großhandel zu deckeln. Konkret schlagen die Kassen vor, dass bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, „ein Festzuschlag von 3 Prozent, maximal 36,70 Euro, zuzüglich 8,35 Euro zuzüglich 16 Cent zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes sowie die Umsatzsteuer zu erheben“ ist.
Die Idee des Honorardeckels hatten Gesundheitspolitiker der Koalition ins Spiel gebracht, nachdem Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) den Gesetzentwurf vorgelegt hatte. Gezeichnet hatten die Vorschläge Hilde Mattheis und Martina Stamm-Fibich von der SPD sowie Maria Michalk und Michael Hennrich von der CDU. Hennrich ging später auf Distanz: „Ich brauche den Deckel nicht. Ich werde mich dafür nicht verkämpfen.“ In der Union gebe es dafür keine Dringlichkeit. Mattheis hielt dagegen an der Idee fest.
Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Fritz Becker, sprach von einer Provokation für die Apotheker und einer „Missachtung unserer Arbeit“. Der Vorschlag der Regierungskoalition sei „absolut inakzeptabel.“ Die Apotheker würden sich mit „allen Mitteln zur Wehr setzen“.
Im Haus von Gröhe wurde die Idee schon direkt nach Bekanntgabe kritisch gesehen: Das offizielle Statement lautete seinerzeit zwar, die Positionen würden im parlamentarischen Verfahren ausgetauscht. Hinter vorgehaltener Hand hieß es jedoch schon damals: „Das kommt aus dem Nichts und wird auch wieder im Nichts verschwinden.“
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