Der Präsident der Apothekerkammer Baden-Württemberg, Dr. Günther Hanke, fordert von der Politik Antworten auf das Apothekensterben. Er sieht Land und Kommunen in der Pflicht, Anreize für junge Apotheker zu setzen. „Das Sozialministerium müsste eine Bedarfsanalyse aufstellen“, so Hanke. Eine Apotheke brauche im Schnitt 4000 Einwohner, um zu überleben. Eine Gemeinde könnte beispielsweise Räume zu günstigen Konditionen anbieten.
Aus dem Sozialministerium erntet er dafür Verwunderung. Ende Januar habe Sozialminister Manne Lucha (SPD) in einem Gespräch mit den Apothekern sein Willen für eine flächendeckende Versorgung zum Ausdruck gebracht. Von einer Bedarfsanalyse sei keine Rede gewesen, vielmehr hätten die Apotheker noch Daten nachreichen wollen, so eine Sprecherin.
Die Apotheker im Land fürchten um die Versorgung im Südwesten. „Wir sehen die Entwicklung der Apotheken in Baden-Württemberg mit Sorge und befürchten, dass sich die Lage rapide an manchen Stellen verschlechtert. Vor allem dort, wo vorher schon eine Versorgung auf Kante genäht war“, so Hanke. Zuletzt gab es in Baden-Württemberg 2547 Apotheken – 250 weniger als noch vor zehn Jahren.
Die Situation sei vergleichbar mit dem Mangel an Landärzten. „Stirbt die Praxis, stirbt die Apotheke“, so Hanke. Denn die Apotheken lebten heute zu 80 Prozent über den Verordnungsmarkt. Die Apotheker selbst bemühten sich bereits, die flächendeckende Versorgung aufrecht zu erhalten. „Wir haben Möglichkeiten in der Fläche zum Beispiel Rezeptsammelstellen einzurichten“, so Hanke. „Außerdem gibt es Botendienste – im Gegensatz zum Versandhandel ist das aber nur im Einzelfall erlaubt und muss mit pharmazeutischem Personal abgedeckt werden“, so Hanke.
Mehr als 100 solcher Rezeptsammelstellen gebe es bereits. Auch wenn das für die Apotheker in der Regel ein Verlustgeschäft sei. Auch in der kleinen Gemeinde Hüffenhardt bei Heilbronn, wo die Versandapotheke DocMorris seit mehr als einem Jahr einen Apothekenautomaten plant. Bislang wurden die angekündigten Eröffnungsdaten aber nicht eingehalten.
Möglicherweise wartet man bei DocMorris den Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens zum Rx-Versandverbot ab. Setzt sich Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) mit seinem Plan durchsetzen, wäre auch das Konzept Hüffenhardt gestorbene – und DocMorris hätte ganz andere Sorgen.
In Baden-Württemberg war ein Apotheker in Mannheim mit einem ähnlichen Plan 2008 schon einmal vor Gericht gescheitert. „Es gab formale Gründe, unter anderem weil das Rezept nicht abgezeichnet werden konnte, aber auch medizinische Gründe, dass eben der Kontakt nicht da ist“, so Hanke. „Technisch ist vieles machbar, ob das immer sinnvoll ist, ist eine andere Frage“, warnt der Apothekenpräsident. „Der Gesetzgeber muss sich halt überlegen, ob er den Apotheken damit die finanzielle Basis entzieht.“
Was die Apotheker bräuchten, sei vor allem Planungssicherheit. „Wer sich selbstständig macht, muss große Investitionen tätigen“, so Hanke. „Hinzu kommen die Gemeinwohlpflichten.“ Versandhandelsapotheken beispielsweise übernähmen keine Notdienste und stellten keine Rezepturen her. „Deshalb ist das auf Bundesebene geplante Versandhandelsverbot von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln so wichtig. Denn sonst wird den Apotheken die wirtschaftliche Grundlage entzogen.“
Schon jetzt veränderten sich die Märkte – der Gewinn der Apotheker sinke seit Jahren. „Erstens gibt es einen Trend zu Ärztehäusern und Gemeinschaftspraxen, zweitens steigen die Mieten in der Innenstadt“, so Hanke. Außerdem wurde die Preisbindung für apothekenpflichtige – also nicht verschreibungspflichtige Medikamente – 2004 aufgehoben.
„Seitdem sind die Margen unter dem Strich geringer“, so Hanke. Zum anderen sei der Festbetrag für die rezeptpflichtigen Medikamente, also das was der Apotheker effektiv einnimmt, seitdem kaum angehoben worden. „Kaufmännisch wird es für die Apotheken immer enger“, warnt der Kammerpräsident. „Die Großen müssen größer werden und die Kleinen werden langfristig verschwinden.“
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