Die Apothekerkammer Brandenburg lässt in Sachen Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) nicht locker: Auch nach den Interpretationsrichtlinien der Aufsichtsbehörden sieht man in Potsdam dringenden Änderungsbedarf. Präsident Jens Dobbert ruft seine Mitglieder daher auf mitzuteilen, welche Passagen aus ihrer Sicht nachträglich geändert werden müssten. Auch der Vorstand sieht die Versorgung in Gefahr und unterbreitet daher Änderungsvorschläge.
Dobbert bemängelt unter anderem die Regelungen zur Barrierefreiheit als nicht eindeutig. Auch die hinzu gekommenen Pflichten bei den Defekturen nach Industriemaßstab hätten dazu geführt, dass diese mittlerweile „tot“ seien. Die Apotheker brauchen aus Sicht der Kammer zeitnah einen verlässlichen Rechtsrahmen: Mit Blick auf die Revisionen habe auch der Fragen- und Antwortkatalog der Aufsichtsbehörden nicht weitergeholfen.
Insgesamt vermisst die Kammer „ein eindeutiges Ziel“ und „eine pharmazeutische Entwicklung“ in der ApBetrO. So würden bei der Literatur Qualitätsstandards gestrichen, in anderen Bereichen müssten die Pharmazeuten mehr und genauer dokumentieren, ohne dem Verbraucherschutz näher zu kommen.
Die Novelle enthalte auch rechtlich unklare Formulierung wie zum Beispiel „es sollte“, aber ebenso rechtlich klare und doch anders gemeinte Ausdrücke wie beispielsweise „es wird“. Aus Sicht der Kammer sind Rechtsstreite auf dem Rücken der Apotheker zu erwarten.
Viele Qualitätsanforderungen seien aus der Pharmaindustrie übernommen worden, Apotheken könnten und sollten diese Standards nicht einfach adaptieren. Die Kammer warnt, dass dadurch letztendlich die Qualität der Versorgung leide.
Einige Passagen, wie beispielsweise die zur Barrierefreiheit oder zu mehreren Dokumentationspflichten, sollten ersatzlos gestrichen werden. Für andere Regelungen schlägt die Kammer unbürokratischere Lösungen vor.
In den kommenden Wochen sind die von der ApBetrO betroffenen Apotheker Brandenburgs aufgerufen, die Änderungsvorschläge der Kammer zu kommentieren und gegebenenfalls weitere einzureichen. Bei der Kammerversammlung am 19. Juni sollen alle Hinweise diskutiert und „Schlussfolgerungen“ abgeleitet werden.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Kammer Brandenburg in Sachen ApBetrO quer schießt: Im August des vergangenen Jahres hatte Dobbert in einem offenen Brief an Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) angekündigt, bis auf Weiteres keine Kontrollen zur Umsetzung der ApBetrO durchführen zu lassen: „Wir sehen uns außerstande, dem Argument der Kollegen entgegen zu treten, dass die wirtschaftliche Grundlage für die Erfüllung der neuen und höheren Anforderungen fehlt“, hatte Dobbert damals gesagt.
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