Apothekenanzahl sinkt „dramatisch“ dpa, 07.04.2019 10:49 Uhr
Die Zahl der Apotheken geht auch in Baden-Württemberg stetig zurück. Bei der zuständigen Kammer heißt es, die Versorgung sei noch gewährleistet – auch weil immer mehr Apotheken Botendienste anbieten. Entwarnung geben die Apotheker aber trotzdem nicht.
Obwohl immer mehr Apotheken in Baden-Württemberg verschwinden, ist die Versorgung laut Apothekerkammer und -verband noch gewährleistet. „Wir haben noch ausreichend Apotheken in Baden-Württemberg, auch wenn die Zahl dramatisch zurückgeht“, sagte der Präsident der Landesapothekerkammer, Dr. Günther Hanke, der Deutschen Presse-Agentur. „Die Struktur ist da durch die Apothekendichte, die wir noch haben“, pflichtet ihm ein Sprecher des Landesapothekerverbands bei.
Ende 2018 gab es in Baden-Württemberg noch rund 2450 Apotheken – 56 weniger als ein Jahr zuvor und 350 weniger als noch vor gut einem Jahrzehnt. Bundesweit war der Rückgang so stark wie noch nie. Ein Grund: Wo der Arzt fehlt, überlebt auch keine Apotheke. „Die Strukturen verändern sich überall, egal ob in der Innenstadt oder in Randlagen“, sagt Hanke.
Darüber sinke die Rendite der Apotheker dramatisch, so Hanke. Die Preise ihrer Haupteinnahmequelle haben sich seit Jahren nicht verändert. „Der Festbetrag für rezeptpflichtige Medikamente, mit denen Apotheken 80 Prozent ihrer Umsätze machen, liegt seit Jahren bei 8,35 Euro“, klagt der Präsident der Apothekerkammer. Gleichzeitig drückt die Konkurrenz der Versandhandelsapotheken. Ein Verbot des Versandhandels von rezeptpflichtigen Medikamenten hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im vergangenen Jahr abgebügelt.
Immer mehr Apotheker bieten deshalb Botendienste an. Rund 70 bis 80 Prozent der Apotheken in Baden-Württemberg liefern nach den Worten von Hanke Medikamente an ihre Kunden aus.
Die Versorgung an abgelegenen Orten versucht man unterdessen mit Rezeptsammelstellen aufrecht zu halten. In Baden-Württemberg wurde inzwischen mehr als 100 Stellen aufgestellt, wo umliegende Apotheken die Verordnungen einsammeln und bearbeiten. Voraussetzung ist, dass es in einem bestimmten Abstand keine Apotheke mehr gibt. Doch der personelle Aufwand für solche Sammelstellen sei sehr hoch, so Hanke.
Denn die Medikamente dürften nur von pharmazeutischem Fachpersonal übergeben werden, wenn die Kunden nicht zuvor bereits beraten wurden, so der Präsident der Apothekerkammer. Die Beratung müsse also entweder bei der Übergabe der Medikamente zu Hause oder in der Apotheke stattfinden.
In Hüffenhardt bei Heilbronn, wo es keine Apotheke, sondern nur noch eine Rezeptsammelstelle gibt, versucht der Versandhändler DocMorris seit drei Jahren eine Alternative in Form eines Arzneimittelautomaten zu etablieren. Der Fall beschäftigt inzwischen verschiedene Gerichte.
Das zuständige Regierungspräsidium hatte den Automaten verboten, weil die Abgabe von Arzneimitteln vor Ort in Deutschland nur in Apotheken erlaubt ist. DocMorris legte zwar Klage vor dem Verwaltungsgericht in Karlsruhe ein, doch das wies diese in der vergangenen Woche zurück.
Eine weitere Entscheidung steht am Mittwoch (10. April) vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe an. Der Landesapothekerverband war zusammen mit drei Apothekern vor das Landgericht Mosbach gezogen, weil er Wettbewerbsrecht verletzt sah. Das Gericht gab ihnen recht, doch DocMorris ging in Berufung.
Die Landesapothekerkammer hält den Automaten nicht nur für illegal – sondern auch für gefährlich: „Die Apothekenpflicht der Arzneimittel ist nicht zum Schutz von Apotheken erlassen worden, sondern zum Schutz der Bevölkerung“, sagt Hanke. „Arzneimittel sind keine Smarties.“
Er befürchtet auch, dass die Versorgungslage auf dem Land mit solchen Automaten nicht besser würde. „Automaten würden den Prozess des Apothekensterbens beschleunigen – und sie übernehmen weder Notdienste noch halten sie Labore zur Herstellung von Rezepturen vor“, sagt Hanke. „Außerdem können Automaten den Patienten nur ein beschränktes Sortiment an Arzneimittel geben.“ Apotheken hingegen sind verpflichtet, die volle Versorgung zu gewährleisten.