Kontrazeptiva

Apotheken sollen auf 2,30 Euro verzichten Désirée Kietzmann, 23.04.2009 12:28 Uhr

Berlin - 

Der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VDPP) schlägt vor, dass die Apotheken bei der Abgabe oraler Kontrazeptiva an bedürftige Patientinnen auf einen Teil des Honorars verzichten. „Wir würden es unterstützen, wenn die sozialmedizinischen Dienste den GKV-Abschlag erhalten“, sagte VDPP-Vorstand Florian Schulze gegenüber APOTHEKE ADHOC. Der Honorarverzicht in Höhe von 2,30 Euro sei sogar das „Minimum“, das der VDPP den Gesundheitsämtern zugestehen wolle. „Über Abschläge, die darüber hinaus gehen, könnte man sich unterhalten. Eine Diskussion dazu würden wir begrüßen“, so Schulze.

In Berlin übernehmen die sozialmedizinischen Dienste bereits heute für bedürftige Frauen, etwa BaföG-Empfängerinnen, die Kosten für die Schwangerschaftsverhütung. Wie beim Privatkauf fallen dabei, anders als bei Verordnung zu Lasten der Krankenkassen, die vollen Kosten an.

Der VDPP begrüßt den Vorschlag, dass hormonelle Verhütungsmittel für sozial bedürftige Frauen bundesweit erstattet werden. Die ungleiche Kostenverteilung zwischen Krankenkassen und staatlichen Stellen ist für den Verein allerdings nicht gerechtfertigt: „Es ist nur fair, wenn sich die Apotheken an diesem Sozialmodell beteiligen", sagt Schulze. Eine Kürzung des Honorars von 8,10 Euro sei in diesem Sinne vertretbar.

Den Vorschlag der SPD, hormonelle Verhütungsmittel für bedürftige Frauen aus der Apothekenpflicht zu entlassen, lehnt der VDPP strikt ab: Die Bundestagsfraktion beweise damit „erneut ein fehlendes Bewusstsein für das Arzneimittel als prinzipiell risikobehaftetes Gut“, so Schulze.

„Auf dem Gesundheitsamt gibt es prinzipiell keine Beratung zu Wirkung, Anwendung und Interaktionen von Arzneimitteln“, so der VDPP-Vorstand weiter. Auch finanziell benachteiligte Frauen hätten ein Recht darauf, ihre „Pille“ von qualifiziertem Personal zu erhalten, um eventuell auftretende Fragen und Probleme artikulieren zu können und fachlich fundierte Antworten zu erhalten.

Zudem müsse für eine moderne pharmazeutische Betreuung die Medikationsliste bei der versorgenden Apotheke komplett sein, um mögliche Probleme erkennen zu können. „Wenn die Frau in der Apotheke Johanniskraut kauft, ihre Pille aber vom Gesundheitsamt geholt hat, können die Wechselwirkungen nicht erkannt werden“, warnt Schulze.

Der VDPP vertritt eigenen Angaben zufolge rund 130 Mitglieder, die sich für eine patientenorientierte Arzneimittelversorgung, mehr Demokratie in den Standesorganisationen, eine Zusammenarbeit aller Akteure im Gesundheitswesen sowie eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte der Pharmazie einsetzen.