CDU-Wirtschaftsministerin zu Besuch

Apotheken in der „Absurditätsspirale“ Laura Schulz, 19.06.2024 12:18 Uhr

Johannes Ertelt empfing in seiner Apotheke Kollegin Petra Spranger, baden-württembergs Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und Inhaberin Nina Müller zum gemeinsamen Gespräch. Foto: Ertelt
Berlin - 

Die Hohenzollern-Apotheke im baden-württembergischen Bisingen bekam Besuch von Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). Die Politikerin ist Wirtschaftsministerin des Landes und wollte sich in der vergangenen Woche selbst ein Bild von der Lage der Vor-Ort-Apotheken machen. Die anwesenden Inhaber:innen machten auf die Notlage aufmerksam und holten sich Rückendeckung.

Eingeladen hatten sie die beiden Inhaber Caspar Spindler (Stadtapotheke Schömberg, Bären-Apotheke Frommern) und Johannes Ertelt (Hohenzollern-Apotheke, Heidelberg-Apotheke (beide in Bisingen) sowie Friedrich Apotheke Balingen, Bära-Apotheke Nusplingen). Die Apotheker sind auch im Landesapothekerverband (LAV) aktiv, wodurch sie fast alle Kolleg:innen in der Region vertreten. Unterstützt wurden sie von den Inhaberinnen Nina Müller (Stadt-Apotheke, Balingen, Obere Apotheke, Haigerloch) sowie Petra Spranger (Spranger Apotheke Hechingen und Mozart-Apotheke Balingen).

Beim Termin sprachen sie neben den ohnehin schon bestehenden Problemen auch das Skonto-Urteil an, das die Situation der Apotheken noch weiter verschärfen dürfte. „Ein Drittel der nur noch knapp 17.000 Apotheken befinden sich akut in existenzieller Not“, so Ertelt. Auch den aktuellen Referentenentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wurde bei dem Treffen analysiert und diskutiert. Schon vor dem Urteil und den Reformplänen wurde bundesweit alle 17 Stunden eine Apotheke geschlossen, so die Botschaft zur Notlage.

Der nun veröffentlichte Referentenentwurf sei nichts anderes als „eine unverschämte Mogelpackung“ inklusive Umverteilung, statt dass endlich mehr Geld ins System komme. All das werde das Apothekensterben nur weiter beschleunigen, sind sich die Inhaber:innen sicher. „Apotheken sind Gesundheitsdienstleister und funktionieren nicht wie andere Betriebe“, erklärt Ertelt und verweist erneut auf den Umstand, dass Umsatz für den Apothekenmarkt kein geeigneter Wert sei, um die wirtschaftliche Lage zu bewerten.

Schließungen trotz Top-Umsatz

Spranger bestätigt dies: „Wir hatten eigentlich genügend Arbeit, wir hatten Kunden, wir hatten Umsatz. Aber wir mussten dennoch eine Apotheke in Hechingen schließen. […] Alle Apotheken haben keine weiteren Einsparpotentiale. Unter diesen Bedingungen kann keine Apotheke die täglich in Anspruch genommenen Leistungen aufrechterhalten! Wer könnte heute noch mit seinem Gehalt von vor 20 Jahren leben und zurechtkommen? Wir konnten die Apotheke mit dem seit 20 Jahren nicht mehr angepassten Fixhonorar nicht mehr halten.“

Apotheken befänden sich in einer „Absurditätsspirale“ fügt Müller hinzu. Diese sei noch nicht am Ende angelangt: Lauterbach schade mit der Einbindung der großen Versender in den Niederlanden der eigenen Gesellschaft mehrfach: „Das gut funktionierende System der wohnortnahen, sicheren und unabhängigen Patientenversorgung ist aktuell dem Tod geweiht. Wir können es nicht nachvollziehen, warum sich der deutsche Gesundheitsminister erst sämtlichen Gesprächen mit den Apotheken entzieht, um dann über eine Tageszeitung seine Reformvorschläge zu veröffentlichen, die allen Beteiligten im Gesundheitssystem nur Schaden zufügt: den Apotheken, den Patienten und dem Staat selbst. Politisch betrachtet vollkommen sinnfrei und für die Bürger mit dramatischen Folgen.“

Unterstützung durch Ministerin

Hoffmeister-Kraut betonte bei ihrem Besuch, dass die Apotheken wichtiger Teil der Vor- und Versorgung seien. Das Apothekensterben bezeichnete sie als alarmierend. Apotheken seien wichtige Ansprechpartner, die es zu erhalten und zu stärken gelte. „Deshalb werde ich mein Möglichstes tun, um darauf hinzuwirken, dass der vor allem zuständige Bundesgesetzgeber in diesem Sinne tätig wird“, so Hoffmeister-Kraut. Sie wolle die Apotheker:innen unterstützen, betonte sie auch in einem Instagram-Beitrag zum Besuch.