Liefervertrag

Apotheke ohne Exklusivrecht bei Impfstoffen Désirée Kietzmann, 05.03.2010 12:52 Uhr

Berlin - 

Gewinner auf der ganzen Linie, aber dennoch keine Liefergarantie. Die Stern-Apotheke am Hasselbachplatz in Magdeburg kann sich nur eingeschränkt darüber freuen, dass sie den Zuschlag für die Versorgung mit Grippeimpfstoffen in allen drei der ausgeschriebenen Lose (Magdeburg, Halle, Dessau) erhalten hat. Denn die Kasse darf den Ärzten nicht vorschreiben, bei welcher Apotheke sie ihre Grippe-Vakzine beziehen soll.

„Die Auftraggeber haben keine Berechtigung, den verordnenden Ärzten eine bestimmte Apotheke zum Bezug der Impfstoffe vorzuschreiben“, heißt es in den Ausschreibungsunterlagen. Auch alle anderen Apotheken in Sachsen-Anhalt sind damit weiterhin berechtigt, Arztpraxen zu beliefern.

„Wir wissen nicht, wie hoch die Umsetzungsquote sein wird“, sagte Ausschreibungsgewinner Boris Osmann gegenüber APOTHEKE ADHOC. Der Apotheker steht vor zwei Unwägbarkeiten: Die Abgabemengen kann immer nur aus den Volumina der vergangenen Jahre abgeschätzt werden und wie viele der rund 2000 Ärzte tatsächlich bei ihm bestellen werden, ist offen.

Bei der IKK gesund plus sieht man dieses Problem nicht: „Die Apotheke weiß, worauf sie sich einlässt“, sagte ein Sprecher gegenüber APOTHEKE ADHOC. Sie müsse gewisse Risiken in ihr Angebot mit einkalkulieren. Unterstützen will die Kasse aber schon: „Wir können dem Arzt zwar nichts vorschreiben, wir dürfen ihn aber sehr wohl auf wirtschaftliche Bezugswege aufmerksam machen“, so der Sprecher. Auch droht man unkooperativen Ärzten recht unverhohlen mit Wirtschaftlichkeitsprüfungen.

Die Ärzte können nicht-adjuvante und adjuvante Grippeimpfstoffe bestellen. Allerdings werden dem IKK-Sprecher zufolge nicht alle auf dem deutschen Markt verfügbaren Impfstoffe zur Verfügung stehen.

Osmann hat eigenen Angaben zufolge bereits einen Vorvertrag über eine größere Impfstoffmenge mit einem Hersteller geschlossen. „Unser Ziel ist es natürlich, den Ärzten ein möglichst großes Spektrum an Impfstoffen zur Verfügung zu stellen“, so Osmann. Die hänge jedoch von der tatsächlichen Bestellmenge der Ärzte ab.

Zusätzliche Lagerkapazitäten braucht Osmann eigenen Angaben zufolge nicht. „Wir haben bereits eine sehr große Kühlzelle im Haus“, so der Apotheker. Es sei zudem nicht geplant, die Impfstoffe tage- oder wochenlang in der Apotheke zwischen zu lagern. Hat ein Arzt eine Bestellung aufgegeben, muss die Lieferung laut Vertrag ohnehin innerhalb von 24 Stunden erfolgen. In den Schwerpunktzeiten im Herbst will Osmann bei Bedarf Kühlfahrzeuge anmieten und zusätzliche Mitarbeiter einstellen.

Der Landesapothekerverband Sachsen-Anhalt (LAV-SA) sieht den Vorstoß der Krankenkassen kritisch: „Im Gegensatz zur dezentralen Versorgung, kann bei einem Ausfall der Apotheke keiner die Belieferung übernehmen“, sagte der LAV-Vorsitzende, Mathias Arnold, gegenüber APOTHEKE ADHOC. Denn es sei davon auszugehen, dass andere Apotheken ihre bereits aufgegebenen Impfstoffbestellungen stornieren würden.

Zudem ist Arnold zufolge bisher nicht geklärt, ob die Ausschreibung von Grippeimpfstoffen und die Bildung von Landeskartellen durch Kassen durch das Sozialgesetzbuch V abgedeckt seien. Man habe deshalb die Aufsichtsbehörden um eine sozialrechtliche Prüfung gebeten. Die Antwort stehe allerdings noch aus.

Die Kassen berufen sich auf die Vorgabe des Sozialgesetzbuches wonach das Vergaberecht grundsätzlich auch für Krankenkassen anzuwenden ist. Drei Beschwerdeverfahren haben die Kassen in der Sache bereits vor dem Bundeskartellamt gewonnen. Derzeit ist noch ein Verfahren beim Landessozialgericht Essen anhängig. Da das Gericht im Vorabentscheid den Antrag des Klägers auf Verlängerung des Zuschlagsverbots abgelehnt hatte, ist die Kasse jedoch optimistisch, dass auch diese Nachprüfverfahren zu ihren Gunsten entschieden wird.