Auch nach dem vorläufigen Ende der politischen Karriere von Biggi Bender und dem Rückzug von Jürgen Trittin von dem Posten an der Fraktionsspitze bleiben die Grünen ihrer Position zum Apothekenmarkt treu: Gesundheitsexpertin Kordula Schulz-Asche spricht sich dafür aus, die Vorschläge des Sachverständigenrats zum Fremd- und Mehrbesitzverbot und zum Apotheken- und Großhandelshonorar umzusetzen.
In einer Kleinen Anfrage hatte sich die Fraktion bei der Bundesregierung zu deren Haltung zum Gutachten des Sachverständigenrats erkundigt. Während das Bundesgesundheitsministerium (BMG) sowohl am Fremd- und Mehrbesitzverbot als auch an den Rx-Festpreisen festhält, fordert Schulz-Asche eine Liberalisierung.
Um seriös über die Arzneimitteldistribution diskutieren zu können, fehlen laut Schulz-Asche aussagekräftige und transparente, regional aufgeschlüsselte Daten. „Auf einer solchen Basis könnte dann über zum Beispiel gerechtere (Neu)Verteilungen der Honorare untereinander, neue Kooperationsformen von Apotheken untereinander beziehungsweise mit Krankenhäusern oder NotärztInnen diskutiert werden.“
Sie wünsche sich „einen offenen und ehrlichen Diskurs, der die Versorgung der PatientInnen im Blick hat, statt einem ,es soll alles so bleiben, wie es schon immer war'“. Anders als die Bundesregierung halte sie auch das Fremd- und Mehrbesitzverbot „für eine flächendeckende Arzneimittelversorgung nicht zwingend erforderlich“. „Ich sehe im Moment aber auch keinen Anlass, hier als Grüne aktiv zu werden.“
Das BMG will am Verbot von Apothekenketten festhalten und stellt sich damit gegen das Urteil des Sachverständigenrats. Dessen Einschätzung war es, dass sich die Aufhebung des Verbots aus ordnungs- und versorgungspolitischer Sicht für eine effiziente und effektive Arzneimitteldistribution begründen ließe.
„Nach Auffassung der Bundesregierung gewährleistet die inhabergeführte Apotheke mit freiberuflich tätigen Apothekerinnen und Apothekern am besten eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung auf der Grundlage hoher professioneller Standards“, so Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) in ihrer Antowrt.
Auch unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten bestehe keine Veranlassung, die bewährten Strukturen in Frage zu stellen, solange eine flächendeckende Arzneimittelversorgung auf hohem Niveau sichergestellt bleibe.
Zur Frage des Honorars argumentiert Widmann-Mauz, der entsprechende Vorschlag des Sachverständigenrats bedeute „eine Abkehr vom Grundsatz eines einheitlichen Apothekenabgabepreises für verschreibungspflichtige Arzneimittel“.
Dies hätte unter anderem zur Folge, dass Versicherte für das gleiche Arzneimittel gegebenenfalls unterschiedlich hohe Zuzahlungen zu leisten hätten. Patienten in ihrer Notsituation sollten Preisvergleiche aber gerade nicht zugemutet werden. „Der Sachverständigenrat selbst verweist auf die mögliche Gefahr einer monopolistisch zu hohen apothekenindividuellen Handelsspanne“, so Widmann-Mauz. Gerade in Regionen mit geringer Apothekendichte könnten sich dann ungewollt höhere Preise und damit höhere Zuzahlungen ergeben.
Auch thematisiere der Sachverständigenrat nicht die möglichen negativen Auswirkungen auf die Arzneimittelbereitstellung, wenn der gesetzlich vorgegebene Großhandelsaufschlag je Fertigarzneimittel entfiele und sich die Vergütung des Großhandels durch individuelle Vereinbarungen mit den Apothekern ergäbe.
Für Lieferengpässe sind aus Sicht der Bundesregierung viele Gründe verantwortlich. Die Ursachen seien sehr heterogen: Globalisierung, Konzentration auf wenige Herstellungsstätten für Arzneimittel und/oder Wirkstoffe, Qualitätsmängel bei der Herstellung, Produktions- und Lieferverzögerungen für Rohstoffe, Produktionseinstellungen bei Arzneimitteln oder Marktrücknahmen aus verschiedenen Gründen.
„Im Übrigen sind Lieferengpässe bei Arzneimitteln häufig nicht von langer Dauern, auch müssen sie nicht zwangsläufig zu Versorgungsengpässen führen“, heißt es im Wortlaut. Auch stünden in vielen Fällen alternative Arzneimittel zur Behandlung zur Verfügung.
Die Regierung beobachte die Entwicklung sehr genau; eine Verschärfung der Situation lasse sich aktuell jedoch nicht nicht erkennen. Über weitere Maßnahmen werde abhängig von der weiteren Entwicklung der Lage zu entscheiden sein, hieß es.
APOTHEKE ADHOC Debatte