Kabinettsbeschluss wackelt

ApoRG: Zweites FDP-Ministerium mauert

, Uhr aktualisiert am 15.08.2024 13:34 Uhr
Berlin -

Die FDP bremst die Apothekenreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) jetzt auf verschiedenen Wegen aus. Nach Justizminister Marco Buschmann stellt sich auch Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger dem Vorhaben in den Weg. Der für kommenden Mittwoch anberaumte Kabinettsbeschluss wackelt.

Ursprünglich wollte Lauterbach sein Apothekenreformgesetz (ApoRG) bereits am 17. Juli ins Kabinett einbringen. Das hat aber nicht geklappt – Lauterbach schob den Urlaub von Buschmann vor, wodurch die Rechtsförmlichkeitsprüfung im Justizministerium (BMJ) nicht rechtzeitig habe abgeschlossen werden können. In der vergangenen Woche stellte das BMJ klar, dass es nicht nur um eine rein formale, sondern um eine umfassende rechtliche Prüfung ging und dass der Urlaub des Ministers jedenfalls kein Hindernis sei.

Mittlerweile räumt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ein, dass der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Regierung noch nicht abgeschlossen sei. Sowohl an seinen Apotheken ohne Apotheker als auch am Kabinettstermin in der kommenden Woche hält Lauterbach aber fest. Er gibt sich weiterhin zuversichtlich, dass seine Reform mit „wenigen Änderungen“ verabschiedet wird.

Noch immer gibt es kein grünes Licht aus dem BMJ: „Diese Prüfung ist bezüglich des von Ihnen benannten Gesetzentwurfs noch nicht abgeschlossen“, teilte eine Sprecherin auf erneute Anfrage zum Stand der Rechtsprüfung mit. Ob es bei der Apothekenreform tatsächlich rechtliche Bedenken gibt oder sich die Prüfung nur verzögert, dazu äußert sich das BMJ weiterhin nicht.

Lindner gegen Light-Apotheken

Nach dem BMJ hat nun aber ein zweites Ressort unter FDP-Führung Vorbehalte gegen die Apothekenreform geäußert. Das Bundesforschungsministerium (BMBF) unter der Führung von Stark-Watzinger hat gegenüber dem BMG einen Leitungsvorbehalt eingelegt, bestätigt eine Sprecherin auf Anfrage. Insbesondere die Regelungen zu Filialapotheken und Apotheken ohne Präsenzapotheker seien auf Kritik gestoßen. Die Prüfung hier sei noch nicht abgeschlossen.

Auf die Frage, welche Konsequenzen sich aus den Vorbehalten des Ministeriums für den Kabinettstermin in der nächsten Woche ergeben, sagt die Sprecherin: „Der Abstimmungsprozess ist hierzu noch nicht abgeschlossen. Nach Abschluss der Abstimmungen wird das Vorhaben ins Kabinett eingebracht.“

Das Ganze ist kein Zufall; in der vergangenen Woche hat sich FDP-Chef Christian Lindner klar gegen die von Lauterbach geplanten Apotheken ohne Präsenzapotheker positioniert. Sein Finanzministerium hatte bereits den ersten Durchgang in der Ressortabstimmung verzögert.

Dass jetzt mit dem BMBF ein zweites Ressort seine Bedenken anmeldet, ist ein kluger Schachzug der Liberalen, zumal das BMBF nicht nur streng juristische, sondern auch inhaltliche Argumente in die Diskussion einbringen kann.

Rückhalt verloren?

Hat der Gesundheitsminister nun endgültig den Rückhalt durch den Koalitionspartner verloren? Professor Dr. Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, formuliert es wie folgt: „Die geplante Apothekenreform des Bundesgesundheitsministeriums greift zu kurz, da sie die Qualität der Versorgung gefährden könnte, anstatt sie zu verbessern. Stattdessen brauchen wir eine umfassende Reform, die auf Entbürokratisierung, neue Leistungsvergütung und die Erweiterung pharmazeutischer Aufgaben setzt. Apotheken ohne Apotheker sind keine Lösung – ihre Fachkompetenz ist und bleibt vor Ort unerlässlich. Wir müssen sicherstellen, dass der Beruf des Apothekers attraktiv bleibt, um die Versorgung auch zukünftig zu gewährleisten. Wir unterstützen daher eine Reform, die die Apotheken zukunftssicher macht, die Patientensicherheit gewährleistet, die Attraktivität des Apothekerberufs erhält und die pharmazeutische Versorgung auch in ländlichen Gegenden sichert.”

Aufgabe der Politik sei es, die gesundheitliche Versorgung zu stabilisieren, ohne die Beitragszahler weiter zu belasten. „Unser Gesundheitssystem zählt zu den teuersten, ist aber ineffizient. Deshalb müssen wir durch Effizienzsteigerungen die notwendigen Mittel unter anderem für höhere Honorare in der pharmazeutischen Versorgung generieren. Eine Reform ist daher wichtig, um diese Herausforderungen anzugehen. Nur so können wir in Zukunft die pharmazeutische Versorgungssicherheit durch Apotheken auf dem Land und in der Stadt sicherstellen.“

Kabinettsbeschluss unter Vorbehalt?

Möglicherweise versucht Lauterbach, sein Gesetz noch vor Abschluss der juristischen Prüfung durch das Kabinett zu bringen. Das ist zwar nicht die Regel, aber bei der Krankenhausreform schon einmal gelungen. Wegen der besonderen Eilbedürftigkeit wurde hier eine Ausnahme gemacht, wie das BMJ bestätigte.

Auch im BMG scheint noch Unsicherheit zu herrschen, ob das ApoRG in der kommenden Woche ins Kabinett kommt. „Die Inhalte der Kabinettssitzungen werden immer erst in der Sitzungswoche selbst endgültig festgelegt“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage.

Eine neue Vorlage für die Sitzung, die eigentlich eine Woche vorher vorliegen sollte, scheint es laut BMG nicht zu geben. Eine Sprecherin verweist auf Anfrage auf den alten Entwurf. Um sein Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) durchzubringen, hatte Lauterbach die Gesundheitskioske zuletzt gestrichen – verbunden mit der Ankündigung, sie im weiteren Verfahren wieder einzubringen. Tatsächlich gibt es entsprechende Forderungen aus den Ländern. Auf Unterstützung für seine Light-Apotheken braucht Lauterbach aber aus dieser Richtung wohl nicht zu hoffen.

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