AOK will Versorgungsverträge und Polikliniken Lilith Teusch, 17.04.2024 14:30 Uhr
Auf Gesundheitskioske können die Kassen verzichten, auf Gesundheitsregionen und Primärversorgungszentren nicht. Dass diese „innovativen Versorgungsansätze“ im vierten Entwurf zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) wieder gestrichen wurden, kritisiert der AOK-Bundesverband und veröffentlicht dazu ein eigenes Positionspapier. Es geht um regionale Verträge und Polikliniken, in die geschlossene Kliniken umfunktioniert werden sollen.
„Zwar hat das Bundesgesundheitsministerium das Stellungnahmeverfahren zum GVSG nun offiziell gestartet, dabei sind aber innovative Ideen auf der Strecke geblieben. Das Gesetz wirkt inhaltlich entkernt, Ansätze zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune sucht man vergeblich“, so Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands. Nach jetzigem Stand bliebe eine „fragwürdige hausärztliche Honorarreform“ übrig, die keine wirkliche Verbesserung der Versorgung bringen werde.
„Was wir brauchen, ist ein funktionierender rechtlicher Hebel für dezentrale, flexible Lösungsansätze vor Ort, um der Bevölkerung weiterhin sichere und verlässliche Versorgungsangebote machen zu können. Zu diesem Zweck möchten wir wieder mehr regionale Handlungsspielräume eröffnen. Das wäre eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die regionalen Akteure Verantwortung übernehmen und Verunsicherungen abgebaut werden können“, so Reimann. Dies beuge auch der Gefahr vor, dass Fragen zur Gesundheitsversorgung zum populistischen Wahlkampfthema gemacht würden.
Regional und Sektorenunabhängig
Die AOK schlägt eine neue Rechtsgrundlage für eine „regionale sektorenunabhängige Versorgung“ (RegioSV) vor. „Dieser neue Vertragsrahmen muss möglichst dezentral, flexibel und praxistauglich formuliert werden, so dass die gestaltungswilligen Akteure vor Ort ausreichenden Handlungsspielraum bekommen und schnell auf Veränderungen reagieren können“, erklärt Dr. Sabine Richard, Geschäftsführerin Versorgung im AOK-Bundesverband.
Flexibler Rechtsrahmen
Laut Konzept sollten bei Bedarf alle wesentlichen regionalen Akteure zu Vertragspartnern werden können. Zudem könnten die so geschlossenen regionalen Versorgungsverträge ab einer Marktabdeckung von 70 Prozent auch Teil der Regelversorgung werden und sich schneller als bisher als dauerhaftes Versorgungsangebot etablieren. So könnte man innovativen Partnern eine Perspektive für die Absicherung ihrer Investitionen bieten.
Jede Region habe spezifische Herausforderungen, für die Lösungen gesucht werden müssten. Deshalb sollten zum Abschluss der Verträge vergleichbare Freiräume gelten wie in der Besonderen Versorgung nach Paragraf 140a Sozialgesetzbuch (SGB V). Kranken- und Pflegekassen könnten so mit den maßgeblichen Leistungserbringern direkt Verträge zur Etablierung von Gesundheitsregionen schließen. „Dadurch könnten alle wesentlichen Akteure auf regionaler Ebene eingebunden werden, auch Langzeitpflegeeinrichtungen und Kommunen“, so Richard.
„Zum Beispiel könnten bisher stationär genutzte Ressourcen für ambulante Versorgungskonzepte geöffnet werden, sofern Krankenhäuser für die Sicherstellung vollstationärer Versorgung in der Region nicht mehr erforderlich sind“, so Richard. So könne man das medizinische Personal in der Region halten und das bisherige ambulante Angebot ergänzen. „Unser Vorschlag sieht vor, die Zulassungsregelungen so zu ergänzen, dass die bisher am Krankenhaus tätigen Ärztinnen und Ärzte einfacher als bisher auch für die vertragsärztliche Versorgung ermächtigt werden können.“