Die AOK schlägt der angehenden Ampelkoalition ein Sparprogramm für das Gesundheitssystem vor. Im Arzneimittelbereich geht es dem AOK-Bundesverband vor allem um die Preisbildung neuer Arzneimittel, eine schnellere Nutzenbewertung und ein Frühwarnsystem für Lieferengpässe. Für letzteres sollen die Lieferkette bis in die Apotheke kontrolliert und die Lagerhaltung bei Großhändlern und Apotheken ausgebaut werden. Außerdem will die AOK bei der Impfstoffbeschaffung sparen – also auf Kosten der Apotheken. Der Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel soll dagegen sinken.
Als Maßnahmen für eine größere Liefersicherheit sieht die AOK ein „Frühwarnsystem mit einer vollständigen Transparenz über die gesamte Lieferkette von den Unternehmen über den Großhandel bis hin zu den Apotheken“ vor sowie einen Ausbau der Lagerhaltung bei Großhandel und Apotheken. Ferner soll es mehr Qualitätskontrollen auch im Hinblick auf die Einhaltung ökologischer und sozialer Standards geben.
Der Wunsch, den Apotheken etwas genauer ins Warenlager zu schauen, ist bei der AOK nicht neu. Zuletzt hatte der Bundesverband diese Forderung in seinem Tätigkeitsbericht zu Fehlverhalten im Gesundheitswesen Anfang des Jahres gestellt. Mit Blick auf den Abrechnungsbetrug sollte Apotheken dazu verpflichtet werden, „bei der Buchung der Warenabgabe im Datensatz des Datenträgeraustauschs im Rahmen der Apothekenabrechnung die Buchungsnummer elektronisch zu übermitteln“.
Um die angespannte Finanzlage der Krankenkassen zu stabilisieren, schlägt die AOK außerdem eine Anhebung der Beiträge für ALG-II-Empfänger:innen vor, für die der Bund aufkommt. Auf der Ausgabenseite soll eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf 7 Prozent für alle GKV-Leistungsbereich helfen – also auch für Arzneimittel. Der Herstellerabschlag für patentgeschützte Arzneimittel soll dagegen auf 16 Prozent angehoben werden.
Sparen will die AOK auch an der Corona-Bekämpfung: „Für die mittelfristige Übernahme der Impfkosten durch die GKV müssen die Kosten der ärztlichen Vergütungen für Impfungen und für die Durchführung der PCR-Tests sowie für die Beschaffung der Impfstoffe abgesenkt werden. Die Verhandlungsinstrumente der GKV sind hierfür zu schärfen.“ Hiervon wären die Apotheken unmittelbar betroffen.
Der AOK-Bundesverband macht sich zudem große Sorgen um die finanzielle Lage des GKV-Systems, in dem 2022 mindestens 14 Milliarden Euro fehlten. Der Bundeszuschuss von derzeit geplanten 7 Milliarden Euro müsse schnell per Rechtsverordnung verdoppelt werden. Ansonsten drohen der Kasse zufolge Beitragserhöhungen für die Versicherten.
Die anderen Vorschläge der AOK für das Sofortprogramm betreffen die Preisbildung. Mit dem AMNOG wurde eine Kosten-Nutzen-Bewertung neuer Arzneimittel eingeführt. Dieses Modell der Preisbildung muss aus Sicht der AOK reformiert werden. Die bisher vom Hersteller im ersten Jahr festgesetzte Preis müsse durch einen Interimspreis ersetzt werden, fordert die Kasse. Dieser soll rückwirkend ersetzt werden, sobald der Erstattungsbetrag gilt. Auch die Steuerungsgrößen zur Verhandlung des Erstattungsbetrags müssten überprüft werden. Außerdem will die AOK das Tempo der Nutzenbewertung forcieren. Diese sollte bereits zwischen Zulassung und offiziellem Markteintritt beginnen, fordert die AOK.
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