Diabetologen und andere Fachärzte in diesem Bereich helfen der AOK Rheinland/Hamburg dabei, Geld bei Teststreifen zu sparen. Die Kasse hat mit der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KV) einen Strukturvertrag geschlossen, der Ärzte zur Umstellung der Patienten auf günstigere Blutzuckertestgeräte anhalten soll. Der Verein „Therapiefreiheit für Ärzte“ zog gegen den Vertrag vor Gericht, scheiterte aber vor dem Sozialgericht Düsseldorf mit seiner Klage. Der Verein war aus Sicht der Richter nicht klageberechtigt.
Der Vertrag zwischen der Kasse und der KV sieht vor, dass die Ärzte ihre Patienten „ergebnisoffen“ über die Messgeräte und Teststreifen sowie mögliche Bezugswege informieren und beraten. Der Umgang mit den Geräten wird gegebenenfalls in der Praxis geschult. Dafür erhalten Ärzte 25 Euro, wenn sie eine spezielle Symbolnummer abrechnen.
Natürlich hat die AOK ein Interesse daran, dass die Patienten auf möglichst preiswertere Produkte umgestellt werden. „Bei Ein- und Umstellungen und bei Schulungen sollten Diabetiker auf ein Testgerät vom Arzt eingestellt werden, bei denen in der Folge die Ausgaben für 50 Blutzuckerteststreifen bei Abgabe in der Apotheke nicht über 27,19 Euro brutto liegen“, heißt es in den Informationen der Kasse. Das umfasst die Preisgruppen B und A2.
In Tabellen listet die AOK Teststreifen nach Preisgruppen, die zwischen den Kassen und dem Apothekerverband Nordrhein vereinbart wurden. „Der Anteil der Packungen der Blutzuckerteststreifen der Preisgruppe B oder A2 sollte mindestens 14,4 Prozent betragen“, so die Vorgabe der Kasse.
Im Juli 2014 mahnte der Verein „Therapiefreiheit für Ärzte“ die Kasse ab, da der Vertrag die Vergütung des Arztes mit der vorgenommenen Umstellung des Patienten verknüpft werde. Dies verstoße gegen die Berufsordnung der Ärzte und sei darüber hinaus wettbewerbswidrig und unlauter.
Die Kasse bestreitet dies: Der Strukturvertrag mit der KV habe nicht zum Ziel, Patienten allein auf Produkte der Preisgruppe B umzustellen, auch ein Wechsel von A1 auf A2 würde das Ziel einer wirtschaftlichen Verordnung erfüllen. Vergütet würden die Ärzte für die ergebnisoffene Beratung und für die Schulung.
Die Vergütung von 25 Euro nur für die Beratung zu zahlen, wäre aus Sicht der Kasse abwegig. Schließlich entstehe der größere Aufwand der Schulung nicht, wenn der Patient nach der Beratung bei seinem alten Gerät bleibe. Der Arzt habe also keinen Anreiz, alle Patienten umzustellen, da er die Zeit bei unterbliebener Umstellung für andere abrechenbare Leistungen nutzen könne, argumentierte die Kasse.
Die Gerichte setzten sich mit diesen Fragen gar nicht auseinander. Der Verein hatte zunächst beim Landgericht Düsseldorf (LG) den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, war aber an das Sozialgericht verwiesen worden. Doch aus Sicht des SG ist der Verein nicht aktivlegitimiert, erfüllt also nicht die Voraussetzungen an einen klagebefugten Verband. Im Verfahren habe der Verein etwa Registergericht und Registernummer nicht benennen können, auch aus dem Internetauftritt gehe dies nicht hervor.
Dass der Verein nach eigenen Angaben mehr als 400 Ärzte „betreue“, sage nichts über die Mitgliederzahl aus, so das SG im Beschluss vom 9. Januar. Um eine Klagebefugnis zu rechtfertigen, müssten unter den Mitgliedern laut Beschluss zudem eine maßgebliche Anzahl in Nordrhein tätiger Diabetologen betroffen sein. Wie viele solcher Vereinsmitglieder im Kammerbezirk tatsächlich von dem Vertrag wettbewerbsrechtlich berührt würden, habe der Verein aber nicht vorgetragen. Aus der dessen Satzung gehe die Verfolgung wettbewerbsrechtlicher Verstöße im Übrigen auch nicht hervor.
Gemäß Satzung gehe es dem Verein vor allem um Öffentlichkeitsarbeit und Information. Das Gericht konnte aber auch dafür im Netz keine Beweise finden. Der vermeintlich regelmäßige Newsletter zu aktuellen gesundheitlichen Fragestellungen sei seit Gründung des Vereins im Jahr 2006 genau einmal erschienen – und zwar im Juli 2012. Die Klage wurde daher abgewiesen.
Für Rückfragen war beim Verein bislang niemand zu erreichen. Vorstand des Vereins mit Sitz in Berlin sind die Diplommediziner Uwe Berndt und Dietmar Ukrow.
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