Urteil

AOK-Rabattverträge gestoppt Alexander Müller, 09.11.2007 16:11 Uhr

Berlin - 

Die Vergabekammer der Bezirksregierung Düsseldorf hat zahlreiche Rabattverträge der AOK mit Arzneimittelherstellern gestoppt. In dem ersten der beiden anhängigen Nachprüfungsverfahren hatte ein Hersteller gegen Verträge über 40 der insgesamt 83 Wirkstoffe geklagt, die von der AOK ausgeschrieben worden waren. In der kommenden Woche entscheidet zudem die Vergabekammer des Bundes am Bundeskartellamt über Rabattverträge zu 26 weiteren Wirkstoffen. In diesem Verfahren hatten sieben weitere Hersteller Prüfanträge gestellt. Die ausstehende Entscheidung am 16. November hat jedoch keinen unmittelbaren Einfluss auf das Düsseldorfer Urteil.

Im aktuellen Urteil wird vor allem mangelnde Transparenz im Ausschreibungsverfahren kritisiert. Bei der Auswahl der Vertragspartner hatte die AOK ein Midest-Portfolio vorgeschrieben, ohne die zugrunde liegenden Daten zu veröffentlichen, auf denen die Kriterien beruhten. Somit hätten die Hersteller ihre Angebote nicht optimal ausrichten können, heißt es in dem Beschluss der Vergabekammer, der APOTHEKE ADHOC vorliegt. In der Begründung heißt es weiter: „Die Verwendung von Auswahlkriterien, die den Bietern geheim bleiben, ist dem Vergaberecht fremd und unter keinem Gesichtspunkt vertretbar.“

Viele Beobachter hatten erwartet, dass die Rabattverträge an der fehlenden europaweiten Ausschreibung scheitern könnten. Doch dieser Umstand gerät in der Begründung des ersten Urteils zur Nebensache, da der „Verstoß gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot“ ohnehin keine Vertragsschlüsse zulasse. Es könne deshalb „dahinstehen, ob eine weitere fortwirkende Rechtsverletzung“ vorliege.

Die AOK teilte mit, alle „notwendigen juristischen Schritte“ einzuleiten. Dazu hat die AOK nun zwei Wochen Zeit. Dr. Christopher Hermann, stellvertretender Vorsitzender der AOK Baden-Württemberg und Verhandlungsführer der AOK rechnet allerdings mit weiteren Verzögerungen. Auf einer Fachkonferenz in Hamburg hatte Hermann noch am Mittwoch kritisiert, dass die klagenden Hersteller ihre Nachprüfungsanträge erst nach der Ausgabe der Vorabinformationen gestellt hätten. „Loser-Firmen wie TAD oder Heumann“ hätten danach den Rechtsweg angestrebt, so Hermann.

Anfang der Woche hatte die AOK mit 23 Herstellern Rabattverträge über 17 Wirkstoffe abgeschlossen. Unter den acht klagenden Herstellern hatte niemand für diese Wirkstoffe mitgeboten, daher gab es kein Nachprüfungsverfahren gegen die Verträge. Vor den Vergabekammern von Bund und Ländern können nur Nachprüfungsanträge gestellt werden. Ein genereller Angriff gegen das Ausschreibungsverfahren wäre ein Fall für die Sozialgerichte.

Die AOK geht indes weiter davon aus, dass die Rabattverträge erfolgreich abgeschlossen werden. Bei den zu erwartenden Einsparungen habe man „genauer nachgerechnet“ und erwarte nun Entlastungen von insgesamt 1,2 Milliarden Euro in den beiden kommenden Jahren, teilte Hermann mit. In diesem Jahr rechnet er mit Einsparungen von rund 100 Millionen Euro.