ABDA/KBV-Modell

AOK: Kein „Wunschkonzert“ für Apotheker Benjamin Rohrer, 17.10.2011 13:49 Uhr

Berlin - 

Wenn es um das ABDA/KBV-Modell geht, greifen die Kassen bislang immer zu schweren Waffen: Selbst die Zusatzbeiträge wurden bereits bemüht, um das gemeinsame Konzept von Ärzten und Apothekern in ein schlechtes Licht zu rücken. Doch Politik braucht mehr als Polemik - bei der Anhörung zum Versorgungsstrukturgesetz (VStG) müssen die Kassen konkreter formulieren, was sie an dem Vorstoß stört. Der AOK Bundesverband etwa fürchtet, von Ärzten und Apothekern einfach überstimmt zu werden.

Das Konzept ist mangelhaft ausgearbeitet, gibt Ärzten und Apothekern Kompetenzen, die ihnen nicht zustehen, und setzt nur die finanziellen Wünsche der Leistungserbringer durch, so der Tenor der Stellungnahme. Dazu sei die von ABDA und KBV vorgeschlagene Verfahrens- und Finanzierungssystematik „unklar und widersprüchlich“. Fazit der AOK: Modell komplett aus dem Gesetz streichen.

Sollten Union und FDP aber das Konzept tatsächlich durchwinken, wollen die Kassen zumindest mehr Mitsprache: „Soweit nicht beide Vertragsseiten mit gestalten können und letztlich vom Nutzen des Ansatzes überzeugt sind, ist nicht zu erwarten, dass ein solcher Ansatz geeignet ist, die Versorgung nachhaltig zu verbessern.“

Insbesondere die Schiedsstellen-Regelung ist der AOK ein Dorn im Auge: Falls die Vertragspartner sich nicht einigen können, muss laut Gesetzesentwurf ein Schiedsamt entscheiden, das von Ärzten, Apothekern und Kassenvertretern paritätisch besetzt wird. Entschieden wird durch eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Mit ihrer „deklaratorischen Stimmenmehrheit“ könnten die Leistungserbringer ihre Forderungen gegen die Stimmen der Kassen durchsetzen, heißt es in der AOK-Stellungnahme: „Den Krankenkassen bleibt lediglich die Rolle, das Wunschkonzert drei Jahre lang zu bezahlen.“


Laut AOK ist nicht erkennbar, welche Leistungen überhaupt zu dem Modell gehörten - zumal einige Bausteine nur als Option in der Gesetzesbegründung aufgeführt sind. „Dementsprechend steht zu befürchten, dass einem äußerst schmalem Leistungsvolumen mit fraglichem Mehrwert für die Versorgung erhebliche finanzielle Forderungen der Leistungserbringer gegenüber stehen.“ In diesem Zusammenhang wird auch die Befreiung der Ärzte von der Richtgrößenprüfung als „unangemessene und einseitige Belastung der Krankenkassen“ kritisiert.

Schließlich bezweifelt der AOK-Bundesverband, dass es Ärzten und Apothekern überhaupt zusteht, in Eigenregie einen Medikationskatalog zu entwerfen: „Hiermit könnte bei konsequenter Umsetzung eine Arzneimittelpositivliste geschaffen werden, der jedoch fachlich wie legitimatorisch der Hintergrund einer Willensbildung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) fehlt.“

Überraschend kommt insofern der Schulterschluss mit der Pharmaindustrie: Ein Medikationskatalog mit dem „Verbindlichkeitsniveau einer bundesweiten Positivliste“ könne über „individuelle Verträge von Krankenkassen mit Arzneimittelherstellern wettbewerbsorientiert umgesetzt“ werden, so der AOK-Bundesverband.