Zyto-Retax

AOK kürzt Apotheken-Abrechnung

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Berlin -

Die AOK Hessen will ihre Rabattverträge zu Sterilrezepturen offenbar mit aller Macht durchsetzen: Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC setzt die Kasse die Retaxationen für den Startmonat Dezember jetzt tatsächlich um. Die Rechenzentren wurden demnach angewiesen, die Rechnungen der betroffenen Apotheken zu kürzen. Da der Hessischer Apothekerverband (HAV) für diesen Fall eine juristische Klärung angekündigt hat, droht der Streit nunmehr zu eskalieren.

Wochenlang hatte die AOK die Einsprüche der Apotheker geprüft. Jetzt ist die Kasse anscheinend zu der Entscheidung gelangt, die Beträge abzusetzen. Laut AOK handelt es sich insgesamt um einen sechsstelligen Betrag – allein für den Monat Dezember. Der Verband Zytostatika herstellender Apothekerinnen und Apotheker (VZA) rechnet sogar mit 800.000 Euro für die betroffenen Apotheken.

Die AOK hatte Ende 2013 mit einem Dutzend Zyto-Apotheken Verträge über die Belieferung onkologischer Praxen geschlossen. Apotheken, die ohne Vertrag Sterilrezepturen bei der Kasse abrechnen wollten, wurden im Februar auf Null retaxiert. Bis jetzt hatte die AOK die ausgesprochenen Retaxationen aber noch nicht abgesetzt.

Der HAV hatte in 13 Fällen gesammelt Widerspruch eingelegt und sich außerdem bei der Kassenaufsicht – dem hessischen Sozialministerium – beschwert. Ein Treffen mit den Spitzenvertretern der AOK vor einem Monat verlief ohne Ergebnis. Zuletzt hat sich der HAV bei einer außerordentlichen Hauptversammlung einen Nachtragshaushalt von 15.000 Euro genehmigt, um sich finanziell für einen möglichen Rechtsstreit zu wappnen.

Es kann daher als gesichert gelten, dass die Apotheker jetzt vor Gericht ziehen. Entscheidend dabei wird im ersten Schritt sein, ob die Richter einstweiligen Rechtsschutz gewähren. Anderenfalls könnte die AOK die vollen Beträge sofort kürzen. Einzelne Apotheken dürften dann angesichts der geforderten Summen in ernste wirtschaftliche Bedrängnis kommen.

Für eine juristische Auseinandersetzung haben die Apotheker immerhin zwei Trümpfe in der Hand: Das Regierungspräsidium Darmstadt hatte sich als Aufsichtsbehörde zur Belieferungspflicht der Apotheken geäußert. Demnach gilt der Kontrahierungszwang unabhängig von Rabattverträgen einer Kasse. Die Apotheken mussten die Krebspatienten also versorgen. Hinzu kommt, dass die Patienten in den Praxen mit einer schriftlichen Erklärung ausdrücklich das Recht auf ihre freie Apothekenwahl in Anspruch genommen haben.

Bei der AOK war am Abend niemand mehr zu erreichen. Sollte die Kasse tatsächlich hart bleiben, dürften weitere Einschläge folgen: Bislang wurden für die Monate Januar bis April keine Retaxationen ausgesprochen. Mehrere von der ersten Absetzung betroffene Apotheken hatten aber angekündigt, ihre Patienten auch weiterhin versorgen zu wollen. Im schlimmsten Fall droht den hessischen Zyto-Apothekern also eine Millionen-Retax.

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