AOK entscheidet sich für Zytoapotheken Désirée Kietzmann, 30.06.2010 10:05 Uhr
Die AOK Berlin-Brandenburg will trotz Zuschlagsverbot in Sachen Zyto-Rezepturen Fakten schaffen: Kurz vor Ablauf der Bindefrist wurden die Bewerber per Fax darüber informiert, wer künftig AOK-Versicherte in Berlin mit parenteralen Rezepturen versorgen darf. Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC werden die 13 Lose unter vier Versorgern aufgeteilt. Mehr als die Hälfte des Stadtgebiets wird künftig aus Leipzig beliefert.
Die Bietergemeinschaft aus der Schlehen-Apotheke und der Apotheke am Diakonissenhaus in Leipzig soll laut Vorabinformation den Zuschlag für insgesamt sieben Gebietslose erhalten. Inhaber sind Dr. Uwe Krasselt beziehungsweise Brigitte Krasselt-Zipf. 2006 hatte Krasselt den Herstellbetrieb Oncosachs gegründet; im Falle eines Zuschlags könnte die Firma damit als Unterauftragnehmer dienen. In Leipzig wollte man die vorläufige Zusage der AOK auf Nachfrage nicht bestätigen.
Vier weitere Lose sollen an die Pelikan-Apotheke von Elac-Gründer Rolf Spielberger gehen, der auf Nachfrage ebenfalls keinen Kommentar abgeben wollte. Mit je einem Los sind die Leonoren-Apotheke und die Apotheke Helle Mitte aus Berlin dabei. Letztere hatte vor einigen Jahren den Herstellbetrieb Alphamade ausgegründet.
Mehrere Bewerber, die keinen Zuschlag erhalten haben, wurden ebenfalls von der AOK informiert. Das Angebot sei nicht wirtschaftlich genug ausgefallen, heißt es. Sie sind damit offensichtlich aus dem Rennen - obwohl die AOK nicht wie ursprünglich geplant zum 1. Juli Verträge schließen darf.
Das Landessozialgericht (LSG) Brandenburg hatte der AOK Mitte Mai per Eilbeschluss bis auf Weiteres untersagt, Zuschläge zu erteilen. Aktuell sind noch mehrere Verfahren gegen die Ausschreibung sowohl beim LSG als auch bei der Vergabekammer Brandenburg anhängig. Unter den Klägern ist nach Informationen von APOTHEKE ADHOC mindestens eine Apotheke, der jetzt ein Zuschlag versprochen wurde.
Warum die AOK schon jetzt über die Zuschläge entschieden hat, ist offen. Zuschläge seien noch nicht erteilt worden, erklärte die Kasse auf Nachfrage. Mit Verweis auf die laufenden Verfahren könnten derzeit keine näheren Angaben gemacht werden.
Denkbar wäre, dass die AOK auf diese Weise die Apotheker dazu bewegen will, ihre Klagen zurückzuziehen. Der Schadensbegrenzung dürfte das Manöver allemal dienen: Sobald die Vorabinformationen verschickt sind, dürfen Bieter nur noch 15 Tage lang Nachprüfverfahren einleiten.
Die Kasse wollte die Versorgung mit parenteralen onkologischen Rezepturen ursprünglich ab kommenden Monat durch Selektivverträge sicherstellen. Die Bindefrist für die Bieter läuft daher am heutigen Mittwoch aus; die Zuschlagsgewinner mussten aber bereits bis gestern verbindlich erklären, dass ihr Angebot bis Ende Oktober weiter gilt. Eine weitere Verlängerung wird nicht ausgeschlossen. Apotheken, die eine Absage erhalten haben, hat die AOK nicht um eine Verlängerung der Bindefrist gebeten.