Rabattverträge

AOK droht Verfahrensflut Alexander Müller, 18.12.2008 13:38 Uhr

Berlin - 

Bei den neuen AOK-Rabattverträgen zeichnet sich eine regelrechte Flut an Gerichtsverfahren ab: Mittlerweile sind dem Vernehmen nach zu allen ausgeschriebenen Wirkstoffen Nachprüfverfahren bei unterschiedlichen Vergabekammern anhängig. Während die AOK beschwörend am Start der Verträge zum 1. März festhält, hoffen die Hersteller auf einen Erfolg ihrer Verzögerungstaktik.

Rund 30 Nachprüfanträge der Hersteller liegen bei den Vergabekammern quer durch die Republik. Bei einigen Anhörungen müsse zunächst die Zuständigkeit über die jeweils betroffenen Gebietslos geklärt werden, sagte der Sprecher einer Vergabekammer gegenüber APOTHEKE ADHOC. Bei den Behörden schimpft man über diese „ganz verfahrene Geschichte“ und das „Chaos“, das der Gesetzgeber durch unklare Vorgaben angerichtet habe.

Zumindest der Rechtsweg ist durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) geklärt, das seit heute in Kraft ist. Beschwerden gegen Entscheidungen der Vergabekammern müssen demnach an das zuständige Landessozialgericht gerichtet werden. Eine höchstinstanzliche Klärung über die Rabattverträge könnte das Bundessozialgericht in Kassel bringen.

Da die AOK den Herstellern eine Vorlauffrist von acht Wochen zugesagt hat, glauben diese nicht mehr an eine Einhaltung des geplanten Starttermins. „Ich bin ganz sicher, der 1. März lässt sich nicht halten“, sagte der Geschäftsführer des Branchenverbandes Pro Generika, Peter Schmidt, gegenüber APOTHEKE ADHOC. Dass die Generikahersteller daran nicht ganz unschuldig sind - etwa durch Ausreizen ihrer Fristen bei Nachprüfanträgen -, ist ein offenes Geheimnis.

Die AOK zeigte sich noch am Dienstag zuversichtlich, die Verträge wie beabsichtigt rechtzeitig schließen zu können. „Dass Pharmaunternehmen, deren Angebote für einen Zuschlag nicht ausreichend waren, sich jetzt über den Rechtsweg zu Wort melden, ist ein völlig normaler Vorgang. Nichts anderes haben wir erwartet“, sagte AOK-Verhandlungsführer Dr. Christopher Hermann. Zwei Pharmaunternehmen seien aber vor der Vergabekammer mit ihren Nachprüfungsanträgen bereits gescheitert.

Die AOK hatte im August insgesamt 64 Wirkstoffe mit einem Umsatzvolumen von 2,3 Milliarden Euro für die Jahre 2009 und 2010 ausgeschrieben. Jeder Wirkstoff wird pro Regionallos an einen Hersteller vergeben. Seit gestern stehen allerdings nur noch 63 Wirkstoffe zur Debatte: Der Bundesgerichtshof erklärte den Patentschutz von Olanzapin für wirksam. So haben Generikahersteller und Krankenkassen wenigstens etwas, über das sie sich gemeinsam ärgern können.