AOK Bayern: Warme Worte, eiskalte Retax Alexander Müller, 02.10.2020 10:25 Uhr
Die AOK Bayern sichert den von der AvP-Insolvenz betroffenen Apotheken in einem sehr herzlichen Brief volle Unterstützung zu. So werde man keine Kürzungen vornehmen, wenn Apotheken über ihr neues Rechenzentrum die Rezepte verspätet einreichen. Allerdings gibt es eine versteckte Botschaft, die es in sich hat: Retaxationen aus offenen Abrechnungen will die Kassen den Apothekern später zustellen – wohl um sie von der AvP-Insolvenzmasse fernzuhalten.
Die Situation bei AvP habe auch bei der AOK Bayern Besorgnis ausgelöst, schreibt die Kassen an die Apotheker im Freistaat. „Wir sind uns bewusst, dass Sie das Insolvenzeröffnungsverfahren vor erhebliche Herausforderungen stellt.“ Die AOK will dazu beitragen, „die Zahlungsprozesse in der Zukunft wieder sicherzustellen“.
Am 23. September, auf den Tag eine Woche nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, hat Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos die Kassenvertreter in einer Videokonferenz über sein weiteres Vorgehen informiert. Unter anderem teilte er mit, dass die noch beim Rechenzentrum befindlichen Rezepte durch die AvP-Mitarbeiter abgerechnet werden sollen. „Die Abrechnung soll dann über eigens von ihm dafür einzurichtende Treuhandkonten abgewickelt werden“, gibt die AOK weiter. Dadurch solle gewährleistet werden, „dass dieser Geldfluss durch die Insolvenz nicht gefährdet wird“.
Die AOK Bayern gibt diesbezüglich das Versprechen ab, „dass wir dieses Vorgehen sehr genau prüfen und keine Zahlungen leisten werden, wenn nicht sichergestellt ist, dass das Geld die Apotheken vor Ort vollständig erreicht“.
Noch offene Retaxationen hebt sich die Kasse allerdings für später auf: „Sollten sich aus der laufenden Abrechnungsprüfung früherer Monate Beanstandungen ergeben, werden wir diese nicht mit einer noch von der AvP oder dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter vorgenommenen Abrechnung verrechnen. Wir bitten um Verständnis, dass wir dennoch die Anschreiben über Beanstandungen turnusgemäß versenden werden“, heißt es. Mit anderen Worten: Ein Retax-Erlass gibt es nicht. Die Kasse vermeidet bewusst, mit ihren Forderungen selbst zum Gläubiger zu werden.
Dafür will die AOK den Apothekern an anderer Stelle entgegenkommen: Der Arzneimittelversorgungsvertrag sieht in Bayern – wie bundesweit – Abschläge wegen verspäteter Abrechnung vor, wenn die Apotheke dies zu verantworten hat. „Im vorliegenden Fall sind (erwartbare) Verzögerungen einzig der Insolvenz der AvP geschuldet. Dies haben die Apotheken definitiv nicht zu vertreten. Daher sichert Ihnen die AOK Bayern zu, keine Abschläge wegen verspäteter Abrechnung vorzunehmen“, so der eher schwache Trost aus München.
Abschließend versichert die Kasse, trotz der für die Apotheken unerfreulichen und unübersichtlichen Lage alles Mögliche zu tun, „um weiteren Schaden von den Apotheken abzuwenden und insbesondere weitere Insolvenzen zu vermeiden“.
Mit dem Schreiben werden die Apotheken zusätzlich mit Zahlen versorgt: Denn mit der Einleitung des Insolvenzverfahrens wurde es der AOK wie allen anderen Schuldnern von Gerichts wegen verboten, Zahlungen an AvP zu leisten. Allerdings sei die Abrechnung für den Monat August noch vor Eröffnung des Verfahrens bezahlt worden. Den Apotheken wird individuell die Abrechner-IK sowie die Brutto- und Nettobeträge mitgeteilt. Die Differenz betrifft den Herstellerabschlag, den Apothekenabschlag, Zuzahlungen und Eigenanteile der Versicherten. „Die Korrekturen und Berichtigungen aus früheren Monaten sind hierin nicht enthalten“, heißt es.