Im Rechtsstreit um die Impfstoff-Rabattverträge der AOK Baden-Württemberg ist das letzte Wort noch nicht gesprochen – trotzdem hat die Kasse nun Verträge bis 2017 abgeschlossen. Exklusiver Impfstoffpartner ist ab Juli 2015 Abbott. Die Vorgabe, dass immer mit mindestens zwei Herstellern Verträge geschlossen werden müssen, gilt für den aktuellen Vertrag noch nicht. Die Ausschreibung für sechs weitere Impfstoffe ist derzeit nicht abgeschlossen.
Die AOK hatte im April federführend für die Krankenkassen in Baden-Württemberg insgesamt sieben Vakzine ausgeschrieben: Neben Impfstoffen gegen die saisonale Influenza sollten Vakzine gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), Meningokokken C, Varizellen sowie Masern, Mumps, Röteln (MMR) vergeben werden. Außerdem wurden der Vierfachimpfstoff gegen Diphterie, Pertussis, Poliomyelitis und Tetanus sowie der Fünffachimpfstoff gegen Diptherie, Haemophilus influenzae b, Pertussis, Polio und Tetanus ausgeschrieben.
Für die Grippeimpfstoffe hat Abbott den Zuschlag für alle vier Losgebiete erhalten. Derzeit versorgt der Konzern drei der Gebiete mit Influvac, lediglich Nordbaden ging an Sanofi Pasteur MSD. Die derzeitigen Verträge laufen noch bis Juni 2015.
Die mit der GKV-Reform beschlossene Vorgabe, dass Kassen bei Impfstoffen mit mindestens zwei Herstellern Rabattverträge schließen müssen, gilt für die derzeitige Ausschreibung noch nicht: „Das Gesetz gilt für Verträge, die ab dem 1. Januar 2015 geschlossen werden“, erklärt eine AOK-Sprecherin. Daher sei der aktuelle Vertrag nicht betroffen.
Bei der AOK ist man zufrieden mit dem Ergebnis der Ausschreibung: „Wir freuen uns, einen Partner bezuschlagen zu können, der unsere Qualitätsansprüche über die Regelversorgung hinaus erfüllt“, sagt Dr. Christopher Hermann, Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg. Positiv bewertet die Kasse zudem den Dosierstrich an den Impfstoffen: Auf diese Weise könne die Impfung für Kinder besser dosiert werden.
Ein weiterer Pluspunkt aus Sicht der Kassen: Abbott bietet seine Impfstoffe in Fertigspritzen mit und ohne feste Kanüle an. Das erhöhe die Qualität in der Versorgung der Versicherten, so die AOK. Gleichzeitig kämen die Krankenkassen mit diesem Angebot auch dem Anliegen der Ärzte entgegen, die eine möglichst breite Auswahl an Impfstoffen bevorzugen.
Die Ausschreibung über die sieben Impfstoffe verlief insgesamt nicht reibungslos: Novartis hatte Mitte April mitgeteilt, sich nicht erneut an der Ausschreibung zu beteiligen. Derzeit hat der Schweizer Pharmakonzern über Encepur (FSME) und Menjugate (Meningokokken C) Verträge mit der AOK abgeschlossen.
Auch Baxter hat die Angebotsfrist nach eigenen Angaben verstreichen lassen, ohne ein Angebot abzugeben. Damit wird die AOK vermutlich keine Verträge über FSME-und Meningokokken C-Impfstoffe abschließen können – andere Hersteller sind in Deutschland nicht zugelassen.
Die erste Ausschreibung der AOK über Standardimpfstoffe im Jahr 2012 hatte zu viel Kritik geführt: Bis heute streiten die Apotheker mit der Kasse darüber, ob sie Rezepte beliefern müssen, auf denen lediglich „Impfstoff gegen...“ verordnet ist – und sie den Rabattimpfstoff anhand eines Plakates auswählen müssen. Das Sozialgericht Stuttgart hatte einer klagenden Apothekerin im Eilverfahren zunächst Recht gegeben. Das Landessozialgericht hatte die Entscheidung aber wieder gekippt. Das Hauptsacheverfahren steht noch aus.
Während Apotheker, Ärzte und Politiker die Ausschreibung kritisieren, ist die AOK zufrieden: Die Impfbereitschaft sei im Laufe der vorangegangenen Impfstoffrabattverträge erfreulich gestiegen. Die Zahl der abgerechneten Impfdosen sei im ersten Quartal 2014 im Vergleich zum Vorjahr um 28 Prozent gestiegen.
APOTHEKE ADHOC Debatte