Grippeimpfstoffe

AOK-Apothekervertrag: Kein Maulkorb für Hersteller

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Berlin -

Die Kritik des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) an der Impfstoffvereinbarung der AOK Nordost ist zulässig. Das Landgericht (LG) Berlin hat nicht die von der Kasse beantragte einstweilige Verfügung erlassen. Formale Ungenauigkeiten reichen offenbar nicht für eine Entscheidung gegen den BPI aus.

In einer Pressemitteilung vom 1. März hatte der BPI die Vereinbarung der AOK zur Lieferung von Grippeimpfstoffen heftig angegriffen. Die Kasse hatte sich zuvor mit den Apothekerverbänden in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern auf einen Festpreis für tetravalente Grippeimpfstoffe geeinigt und damit massive Kritik aus Politik und Pharmaindustrie auf sich gezogen.

Besonders rabiat reagierte dabei der BPI. Mit der Apothekenvereinbarung umgehe die AOK bestehendes Recht, warf der Pharmaverband ihr vor. „Die Kassen-Praxis widerspricht mit dem Ausschreibungsmodell klar den gesetzgeberischen Zielen einer stabilen Impfstoffversorgung und einer hohen Impfquote“, hieß es in einer Pressemitteilung. Denn die Bundesregierung habe mit dem Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) exklusive Rabattverträge für Impfstoffe wegen latenter Versorgungsprobleme verboten.

„Da wird so weit gespart, als dass der Rabattvertrag an ein Unternehmen geht, dass noch gar keinen Impfstoff hat“, so der stellvertretende BPI-Hauptgeschäftsführer Norbert Gerbsch. Er warf der AOK eine „Versorgungssteuerung durch die Hintertür“ vor. Damit riskiere die Kasse „sehenden Auges Versorgungsengpässe für die Patienten“. Der Kasse ging das zu weit. Sie mahnte den Verband ab, der sich jedoch weigerte, eine Unterlassungserklärung abzugeben.

Daraufhin beantragte die AOK beim LG Berlin eine einstweilige Verfügung. Nach mündlicher Verhandlung wies das Gericht den Antrag ab. Eine Begründung steht noch aus. Zumindest formale Fehler in der Begriffswahl – so gab es genau genommen keine Ausschreibung, wie in der Mitteilung behauptet – können nicht ausschlaggebend gewesen sein. Die AOK zeigt sich nach dem Urteil resolut: Die Kritik an den Äußerungen des Pharmaverbandes bleibe bestehen – sowohl seitens der Kasse, als auch der Apothekerverbände. Die Einlassungen des BPI änderten nichts daran, dass sich das Verfahren bewährt habe, sondern „tragen im Zweifelsfall weiterhin zu einer Verunsicherung der Patienten bei“.

Auch in der Politik ist die Unzufriedenheit groß – auch was die Rolle der Apotheker angeht. Dass diese sich erst für das Verbot von Rabattverträgen mit Herstellern stark gemacht hätten, dann aber selbst Exklusivvereinbarungen schlössen, sei nicht zu akzeptieren, heißt es. Allerdings gibt es solche Vereinbarungen seit Jahren, wenngleich sie außer im Nordosten überall durch Rabattverträge abgelöst worden waren. Der Gesetzgeber hätte sie bei der Neuregelung berücksichtigen können.

Der Vertrag mit der AOK Nordost sieht für den quadrivalenten Impfstoff einen Betrag von 10,95 Euro plus Mehrwertsteuer vor. Über seine Tochterfirma D.S.C. hat der Berliner Apothekerverein einen Vertrag mit Mylan geschlossen. Dessen Impfstoff ist noch nicht am Markt und wird zunächst auch nur für Patienten ab 18 Jahren verfügbar sein. Auch unter Kinderärzten wächst daher die Kritik. Konkrete Verordnungen und Kinderimpfungen müssen gesondert genehmigt werden.

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