Das Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln (ALBVVG) hält nicht, was es verspricht, und wird seinem Namen nicht gerecht, kommentiert die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes Dr. Carola Reimann.
Das Lieferengpassgesetz ist in Teilen in Kraft getreten. Um Versorgungslücken entgegenzuwirken, wurden verschiedene Maßnahmen getroffen.
Doch das Engpassgesetz hält nicht, was der Name vermuten lässt, findet die AOK. „Die Erwartung, die mit dem Namen des Gesetzes geweckt wird, nämlich Lieferengpässe nachhaltig zu bekämpfen, wird nicht erfüllt.“ Der Grund: Die Instrumente seien nicht geeignet, das Problem an der Wurzel packen. Stattdessen würden große wirtschaftliche Mehrausgaben für die Kassen erzeugt.
„Die Freistellung ganzer Arzneimittelgruppen von Rabattverträgen und Festbeträgen oder die Anhebung von Preisobergrenzen um bis zu 50 Prozent sind nicht geeignet, die Versorgung mit Arzneimitteln sicherer zu machen“, so Reimann und führt Fiebersäfte für Kinder als Beispiel an. Denn obwohl die Festbeträge bis Jahresende ausgesetzt wurden, bedeute das nicht, dass in jeder Apotheke Fiebersäfte verfügbar sind.
Zudem schwäche das ALBVVG die Rabattverträge. „Die massive aktuelle als auch potentiell mögliche Einschränkung bei diesem wichtigen Instrument verbietet es der GKV, wichtige Wirtschaftlichkeitsreserven zu heben“, so Reimann. Rabattverträge wüden nachweislich die bestehenden Lieferketten stabilisieren und so die Versorgungssicherheit stärken. So zeigen die Abrechnungsdaten der GKV für 2021, dass Rabattarzneimittel seltener nicht lieferbar waren als nicht rabattierte Arzneimittel. „Die dokumentierten Lieferausfälle bei der Versorgung mit Rabattverträgen lagen bei nur 1,2 Prozent, während im patentfreien Markt ohne Rabattverträge die Ausfälle mit 4 Prozent mehr als dreimal so hoch waren.“
Fest steht: „Lieferengpässe sind ein andauerndes und globales Problem, das nicht einzig und allein über den Preis zu lösen ist.“ Immerhin – das im ALBVVG verankerte Frühwarnsystem und die Mindestbevorratung der Arzneimittelhersteller sind laut Reimann „definitiv ein Schritt in die richtige Richtung“.
Reimann fordert zeitnah eine direkte Sicherung der Versorgung anzugehen. „Ein umfassendes Frühwarnsystem für alle zu Lasten der GKV abrechnungsfähigen Arzneimittel entlang der gesamten Wertschöpfungskette ist zwingend geboten.“ Zulieferer, pharmazeutische Unternehmer, Großhändler und Apotheken müssten einbezogen werden. „Warum nicht rabattierte Arzneimittel davon ausgenommen werden, ist daher nicht nachvollziehbar.“
Das Fazit: „Insgesamt ist jetzt schon festzuhalten, dass das Gesetz nicht das hält, was es verspricht. Es ist mit erheblichen Mehrausgaben zu rechnen, ohne die Versorgungssicherheit effektiv zu erhöhen. Damit sind weitere Beitragserhöhungen für unsere Versicherten zu befürchten.“
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