Anwalt verrät

Warum die DocMorris-Boni unzulässig sind

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Berlin -

Am Abend vor dem EuGH-Urteil zu Rx-Boni war die Website von DocMorris für einige Stunden nicht erreichbar. Der Grund dafür ist nicht bekannt, womöglich wurde im Hintergrund umgebaut. Denn schon kurz nach Urteilsverkündung wurde auf Homepage der neue Bonus angepriesen – natürlich war DocMorris vorbereitet. Doch unabhängig von der Arzneimittelpreisbindung hält ein Leipziger Anwalt den Bonus für unzulässig.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte am 19. Oktober entschieden, dass ausländische Versandapotheken nicht an die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) gebunden sind und Rx-Boni gewähren dürfen. DocMorris bietet seitdem zwischen 2 und 12 Euro pro Rezept, die Europa Apotheek Venlo (EAV) sogar bis zu 30 Euro Bonus.

Rechtsanwalt Fabian Virkus von der Kanzlei Hönig und Partner in Leipzig hält beide Bonusmodelle für unzulässig. Er sieht einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG): Demnach sind Zuwendungen oder sonstige Werbegaben unzulässig, wenn keiner der Ausnahmetatbestände greift. Erlaubt sind etwa explizit Kundenzeitschriften oder die Übernahme von Fahrtkosten.

Der Gesetzgeber hat in einer Klarstellung zwar alle Zuwendungen verboten, die preisgebundene Arzneimittel betreffen, aber von der AMPreisV sind die EU-Versender nach dem EuGH-Urteil freigestellt. Damit wären auch die Boni von DocMorris und der EAV zulässig, weil Barrabatte laut HWG möglich sind.

Virkus zufolge sind die Boni aber eben keine Barrabatte, „weil sich hierfür gegenüber den Erwerbern der Arzneimittel der Kaufpreis reduzieren müsste“. Nach dem Sachleistungsprinzip kauften aber die Krankenkassen formal die verordneten Arzneimittel. Sie und nicht die Patienten müssten von der Preispolitik der Versender profitieren, so der Rechtsanwalt.

Virkus ordnet die Boni stattdessen den „sonstigen Zuwendungen“ zu. Diese sind aber nur zulässig, solange es sich um geringwertige Kleinigkeiten handelt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in seiner Entscheidung zu Bonustalern eine Grenze von 1 Euro pro verschreibungspflichtigem Arzneimittel gezogen. Sieht man die Boni von DocMorris und der EAV als sonstige Zuwendung, überschschreiten sie damit die Bagatellschwelle.

Auf den ersten Blick wirkt es verwegen, einen Preisvorteil in Euro und Cent nicht als „auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag“ (HWG) anzusehen, doch Kollegen von Virkus halten die Idee nicht für vollkommen abwegig. Man könnte den Weg über die Geringwertigkeitsschwelle des BGH durchaus versuchen. Allerdings könne dann wiederum die Frage aufgeworfen werden, ob §7 HWG mit der Warenverkehrsfreiheit gemäß den EU-Verträgen zu vereinbaren ist.

Die Krankenkassen haben nach der Verkündung des EuGH-Urteils jedenfalls schnell erklärt, dass etwaige Boni der Solidargemeinschaft zustünden und nicht den Versicherten. Es könne nicht sein, dass Einzelne Geld mit Arzneimitteln verdienten, die ihnen auf Kosten der Versichertengemeinschaft verordnet werden.

DocMorris selbst legt größten Wert darauf, dass es sich um einen „Bonus“ handelt – und nicht um einen Rabatt oder teilweisen Erlass der Zuzahlung. Dann dürfte die Versandapotheke ihren Kunden nämlich keine Quittung über die volle Zuzahlung mehr ausstellen, was Chroniker in die Bredouille brächte. Alle Beteiligten sind also für das Thema sensibilisiert.

Im Auftrag von neun Apothekern haben Virkus und Kanzleichef Gilbert Hönig den GKV-Spitzenverband angeschrieben und auf mutmaßliche Verstöße der beiden Versandapotheke gegen den Rahmenvertrag aufmerksam gemacht. Die Kassen sollten, so die Forderung der Apotheker, DocMorris und die EAV für zwei Jahre von der Versorgung von GKV-Patienten ausschließen. Diese Sanktionsmöglichkeit haben die Kassenverbände laut Rahmenvertrag.

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