Linke: BtM-Rezept für Cannabis APOTHEKE ADHOC, 15.10.2015 15:23 Uhr
Eigentlich wollen die Linken Cannabis als Genussmittel freigeben: Der Anbau für den eigenen Bedarf und Cannabis-Clubs sollen erlaubt werden. Unabhängig davon fordert die Fraktion auch einen besseren Zugang zu Cannabis als Medizin. Mit einem entsprechenden Antrag hat sie nun den Bundestag aufgefordert, das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zu überarbeiten.
Cannabis sowie die enthaltenen wirksamen Inhaltsstoffe sollen demnach als verkehrs- und verschreibungsfähige Betäubungsmittel definiert werden. Im Fall einer durch das Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) genehmigten und ärztlich verordneten medizinischen Verwendung sollen die Kassen die Kosten tragen. Außerdem soll der Bundestag gewährleisten, dass die Genehmigung durch das BfArM „nicht ausnahmsweise, sondern in der Regel erteilt wird“, wenn „eine nicht ganz entfernte Aussicht auf einen Therapieerfolg besteht“.
„Menschen mit schweren Erkrankungen müssen Zugang zu allen Behandlungsmethoden haben, die ihnen eine realistische Aussicht auf Heilung oder Linderung bieten“, meinen die Linken. Die heutigen Restruktionen hält die Fraktion für „ideologisch motiviert“. Die wenigen Möglichkeiten, die es gebe, seien weitgehend Reaktionen auf Gerichtsurteile oder internationale Arzneimittelzulassungen, heißt es mit Blick auf Sativex.
Die Opposition ist überzeugt: „Weder medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse noch die Betäubungsmittelsicherheit können begründen, warum Menschen mit schweren Erkrankungen eine möglicherweise wirksame Therapieoption vorenthalten wird.“ Die Linke will Menschen „schnellstmöglich und ohne das Betäubungsmittelrecht grundlegend zu verändern“ mit Cannabis und Cannabinoiden zu versorgen.
Der derzeitige Situation halten die Politker nicht für befriedigend: Selbst wenn man eine der wenigen Ausnahmegenehmigungen des BfArM erhalte – und einer von zehn Patienten sterbe, bevor über seinen Antrag entschieden werde – sei die Therapie nicht gesichert. Die monatlichen Kosten beliefen sich auf 300 bis 600 Euro. Da die Krankenkassen die Mittel in der Regel nicht erstatteten, blieben viele Genehmigungen „Makulatur“.
Außerdem seien viele Ärzte nicht bereit, Dronabinol oder Cannabis zu verordnen. Mangels arzneimrechtlicher Zulassung müssten sie persönlich haften, wenn Gesundheitsschädigungen aufträten. Sativex dürfe nur innerhalb einer engen Indikation verordnet werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) soll daher nähere Bestimmungen zur ärztlichen Verschreibung von Cannabis im Rahmen der GKV-Versorgung erlassen. Die „jahrzehntelang behinderte Forschung“ soll angestoßen und aus Bundesmitteln unterstützt werden.
Die Fraktion kritisiert weiterhin, dass es in Deutschland keinen legalen Cannabis-Anbau gebe. Patienten seien daher auf „legale und teure Importe von Medizinalcannabis aus den Niederlanden angewiesen“. Zahlreiche Lieferschwierigkeiten hätten für die Patienten weitere Unsicherheit und Verschlechterungen im Gesundheitszustand zur Folge. Die Herstellung von Cannabis-Arzneimitteln und der Anbau von Medizinal-Cannabis soll in Deutschland ermöglicht werden.
Als eine „schwerwiegende Nebenwirkung“ des grundsätzlichen Cannabis-Verbots bezeichnete die Linke Anzeigen der Polizei gegen Patienten wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das BtMG, die etwa bei Verkehrskontrollen aufgenommen würden. Der Bundestag soll in Zusammenarbeit mit den Ländern gewährleisten, dass Inhaber einer BfArM-Erlaubnis bei polizeilichen Kontrollen „vor weiterer Verfolgung und Verurteilung zuverlässig geschützt sind“.
Die Linke erklärt in der Begründung zu ihrem Antrag, dass die medizinsiche Cannabis-Verwendung in anderen Ländern sogar gefördert werde und sich bereits bewährt habe: In Kanada besäßen 0,11 Prozent der Bevölkerung eine entsprechende Erlaubnis, in Israel 0,15 Prozent und im US-Bundesstaat Oregon sogar 0,21 Prozent.
Eine vergleichbare Quote zwischen 0,1 und 2 Prozent würde in Deutschland zwischen 80.000 und 1,6 Millionen Patienten entsprechen. Tatsächlich besitzen „aufgrund der restriktiven Rechtslage und Genehmigungspraxis der Bundesopiumstelle“ aber nur 400 Patienten eine Ausnahmeerlaubnis. Schätzungsweise 5000 bis 10.000 Menschen würden mit Dronabinol oder Sativex therapiert.