„Unzumutbare Wege“

Antibiotikasäfte: KV will Dispensierrecht

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Berlin -

Wegen der heftigen Scharlachwelle sind Antibiotikasäfte für Kinder auch in Schleswig-Holstein knapp. Um den Eltern weite Wege zu ersparen, hat die Kassenärztliche Vereinigung (KVSH) ein befristetes Dispensierrecht vorgeschlagen. Die Apothekerkammer lehnt ab.

Wie die Kieler Nachrichten berichten, will die KVSH den zwölf kinderärztlichen und 30 allgemeinmedizinischen Anlaufpraxen im Land ermöglichen, einen Vorrat an Antibiotikasäften anzulegen und diese den Eltern direkt mitzugeben. Konkret sollen die Praxen des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes einen Wochenvorrat bei ihrer jeweiligen Referenzapotheke bestellen können, wobei die KV in Vorleistung gehen würde. Die Apotheke soll laut Vorschlag dann jeweils ein einzelnes Rezept für die Abrechnung erhalten.

„Wir haben große Probleme in den Anlaufpraxen, die Patienten fahren von einer Notdienstapotheke zur nächsten“, begründete Hans-Joachim Commentz, Notdienstbeauftragter im Vorstand der KVSH, den Vorstoß. „Das sind unzumutbare Wege, dabei soll Scharlach sofort behandelt werden.“ Es gehe nicht um das Dispensierrecht, sondern um eine „Pufferlösung von wenigen Wochen“, so Commentz gegenüber den Kieler Nachrichten.

Kammer hat Bedenken

Die Kammer lehnt ab: „Ich habe Bedenken geäußert gegen diesen Vorschlag“, wird Geschäftsführer Felix-Alexander Litty zitiert. Abgesehen davon, dass Verschreibung und Abgabe bewusst getrennt seien, werde auch ein befristetes Dispensierrecht das Problem nicht lösen. „Bypässe über die Ärzte zu konstruieren, ist nicht notwendig.“

Die KVSH will keinen Streit und den Plan daher vorerst nicht weiter verfolgen. Laut den Kieler Nachrichten gibt es aber heute ein Gespräch dazu im Gesundheitsministerum. Gemeinsam mit Ärzten, Apothekern und Großhandel soll ein Weg gefunden werden, um die Versorgungssituation zu verbessern.

„Die Situation ist so ernst, weil es auf dem Markt so gut wie keine Antibiotika-Saftzubereitungen mehr gibt. Betroffen sind von der Welle überwiegend Kindergarten- und Grundschulkinder“, hatte die KVSH-Vorsitzende Dr. Monika Schliffke in dieser Woche erklärt. „Hinzu kommen auch noch deutliche Steigerungen durch andere Streptokokkenanginen und eitrige Mittelohrentzündungen, die ebenso wie Scharlach ernste Komplikationen auslösen können.“

30 km bis zur Apotheke

Momentan führen Eltern von einer Apotheke zur anderen, zu Notdienstzeiten abends und an Wochenenden manchmal mehr als 30 Kilometer, um an ein Antibiotikum zu kommen. In vielen Fällen müsse es dann noch Rücksprachen zwischen Apotheker und Arztpraxis geben, weil nur eine Tablettenform erhältlich sei und diese an das Alter des Kindes angepasst werden müsse.

„Wir erwarten in den nächsten Wochen kaum Besserung, der gesamte europäische Markt scheint leer zu sein. Dies ist jetzt ein dringlicher Appell an die Bundesregierung, sich um die Arzneimittelgrundversorgung zu kümmern, damit wenigstens für die nächste Saison ausreichend vorgesorgt werden kann. Die Zahlen sind da, die erforderlichen Mengen berechenbar. Der Sparzwang der letzten Jahre darf nicht länger auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden, erst recht nicht bei den Kleinsten“, so die Schliffke.

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