Antibiotika

Kabinett beschließt Gröhes Antibiotika-Strategie

, , Uhr aktualisiert am 13.05.2015 15:22 Uhr
Berlin -

Klare Regeln für den Einsatz von Antibiotika in Medizin und Tierhaltung. Das steht im Mittelpunkt eines Gesetzentwurfs, den das Bundeskabinett heute beschlossen hat. Bis 2020 soll damit die Wirksamkeit von Antibiotika beim Menschen wieder erhöht werden.

Jedes Jahr sterben mehrere tausend Menschen an den Folgen von Antibiotika-Resistenzen. Die neue Strategie von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) soll den Einsatz von Antibiotika in der Medizin und in der Tierhaltung regeln. Zudem soll damit die Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika, alternativer Therapiemethoden und Tests zur Schnelldiagnostik in den kommenden Jahren vorangetrieben werden.

„Die weltweite Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen muss gestoppt werden“, sagte Gröhe. Dies könne nicht im nationalen Alleingang geschehen. Die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART 2020) will er als Beitrag zum globalen Kampf gegen die Resistenzen verstanden wissen. Bei der Versammlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nächste Woche will er mit seinen Kollegen einen gemeinsamen Fahrplan verabschieden. Auch beim G7-Treffen im Juni in Deutschland stehe das Thema auf der Agenda.

Die ABDA kündigte derweil an, Gröhe bei seinem Vorhaben unterstützen zu wollen. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sagte, „Bakterien halten sich nicht an Grenzen. Um Resistenzen zu bekämpfen, besteht national und international großer Handlungsbedarf.“ Immer häufiger komme es zu Infektionen durch resistente Bakterien, bei denen die klassischen Antibiotika nicht mehr wirken. „Resistente Bakterien sind vor allem in Krankenhäusern ein großes Problem“, sagt Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK).

Ursache für die zunehmenden Resistenzen von Erregern sind laut Gröhes Gesetzentwurf der „unsachgemäße und übermäßige Gebrauch von Antibiotika sowie Hygienemängel in der Human- und Veterinärmedizin.“ Jährlich sterben mehrere Tausend Menschen, weil die Medikamente bei ihnen nicht mehr wirken. Erst am vergangenen Freitag hat der Bundesrat deshalb Gröhes Haus aufgefordert, das Arzneimittelgesetz in Sachen Tiermedizin zu verschärfen.

DART 2020 sieht vor, dass die zuständigen Bundesministerien stärker miteinander und international zusammenarbeiten. Vor allem soll die Forschung im Antibiotika-Bereich verstärkt werden. Eine entsprechende Vereinbarung zu Zoonosen wird gemäß der Strategie erneuert. Außerdem sollen die Überwachungssysteme ausgebaut werden, um Resistenzen früh zu erkennen.

Weitere Ziele der Strategie sind ein genaueres Verbrauchsmonitoring sowie bessere Diagnostik und Hygiene sowohl in der Human- als auch der Tiermedizin. Schließlich soll auch das Bewusstsein für die Problematik und die Kompetenz aller Beteiligten für Gegenmaßnahmen gefördert werden.

„Die Eindämmung von Antibiotikaresistenzen ist von entscheidender Bedeutung für die Gesundheit von Mensch und Tier“, hatte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) im Vorfeld der Sitzung gesagt. Im Veterinärbereich seien bereits wichtige Vorschriften erlassen worden. So würden seit 2011 die an Tierärzte abgegebenen Antibiotika-Mengen erfasst. „Aber hier dürfen wir nicht stehen bleiben. Unser Ziel muss es sein, den Einsatz von antibiotisch wirksamen Mitteln weiter zu begrenzen.“

Bundesforschungsministerin Johanna Wanka betonte, es sei wichtig zu verstehen, wie sich Resistenzen bilden und unter den Bakterien ausbreiten können. Nur so könne man wirksame Strategien entwickeln, die der steigenden Resistenzbildung entgegenwirken. Gleichzeitig müssten neue, wirksame Antibiotika entwickelt werden, gegen die vor allem die multiresistenten Bakterien wehrlos sind.

Die Länder wollen bei der Überwachung größere Befugnisse bekommen, die auch eine Verfolgung von Verstößen einzelner Betriebe ermöglichen. Den neuen, schärferen Regeln beim Tierarzneirecht des Gesundheitsministers haben sie bei ihrer jüngsten Sitzung zugestimmt.

Damit künftig in der Tiermast weniger Antibiotika eingesetzt werden, wurde ein neues Meldesystem eingerichtet. Bauern, die Hühner, Puten, Schweine oder Rinder halten, sind neuerdings per Gesetz verpflichtet, alle sechs Monate zu melden, welchen Wirkstoff sie wie vielen Tieren in welchen Mengen über wie viele Tage geben. Wer im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich viele Antibiotika einsetzt, muss gegensteuern. Noch gibt es aber Lücken im System, weshalb die Länder auf Nachbesserungen drängen.

„Mit jedem neuen Erfassungszeitraum muss das System treffsicherer und genauer werden“, sagte Schmidt dazu. „Wenn Antibiotika zum Einsatz kommen sollten, weil die Haltungsbedingungen nicht stimmen, sind diese Missstände abzustellen.“

Aus Sicht der Grünen greifen die Vorschläge der Bundesregierung zu kurz, vor allem in der Tiermedizin. „Reserve-Antibiotika haben im Stall nichts zu suchen“, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter. Das geltende Recht schaffe mit Rabatten „aberwitzige Anreize", so viele Antibiotika wie möglich zu verkaufen. Deutschland ist aus Sicht der Grünen noch lange kein Vorreiter bei der Bekämpfung resistenter Keime.

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