Die AOK Baden-Württemberg hat ihre jüngsten Zuschläge für Antibiotika und andere derzeit oft fehlende Medikamente verteidigt. Man habe bereits vor zwei Jahren versucht, neben dem Preis weitere Kriterien zu berücksichtigen, sei damit aber juristisch gescheitert. Ähnliches droht aus Sicht der Kasse jetzt den Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
„Die AOK-Gemeinschaft setzt sich für eine nachhaltige Arzneimittelversorgung und -produktion ein“, so ein Sprecher auf Nachfrage. Das gelte insbesondere bei der Herstellung antibiotischer Wirkstoffe. „Wenn sich multiresistente Keime über das Industrieabwasser ausbreiten, ist die Wirksamkeit von Antibiotika insgesamt stark gefährdet. Daher muss die Herstellung unter strengen Auflagen für den Umweltschutz stattfinden.“
Aus diesem Grund habe man mit Wirkung zum 1. Juni 2021 in der Sonderausschreibung „AOK Z1“ erstmals fünf Antibiotikawirkstoffe gesondert ausgeschrieben und erweiterte Zuschlagskriterien unter anderem für die Einhaltung von Umweltschutzaspekte und örtlicher Vorgaben des Arbeitsschutzes eingeführt. „Damit erhält nicht automatisch der günstige Bieter den Zuschlag, sondern vor allem Unternehmen, die in Umweltkriterien investiert haben.“
Diese Tranche laufe regulär zum Juni aus und werde durch die neuen Verträge abgelöst, die bis 2025 gelten. Die beschriebenen Zuschlagskriterien seien dabei auf insgesamt 17 antibiotische Wirkstoffe ausgeweitet worden, so der Sprecher.
Zusätzlich habe man bei „AOK Z1“ ein Standort-Zuschlagskriterium eingeführt, bei welchem sich für Bieter mit Lieferkette in der EU und in der Freihandelszone der EU die Zuschlagschancen deutlich erhöht hätten. „Dieses Kriterium wurde jedoch nach einer Klage pharmazeutischer Hersteller im Dezember 2021 vom Oberlandesgericht Düsseldorf höchstinstanzlich gestoppt. Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, ob das Standort-Kriterium, welches Herr Lauterbach in seinem Eckpunktepapier vorsieht, rechtlich Bestand haben wird. Zielführender wäre eine Änderung des europäischen Vergaberechts.“
Ausgeschrieben waren 122 Wirkstoffe; pro Fachlos gab es acht Gebietslose für die unterschiedlichen AOKen. Laut Ausschreibung sollten Rabattverträge mit einem oder – bei ausreichender Anzahl an Angeboten – mit bis zu drei Herstellern geschlossen werden. Tatsächlich gibt es knapp 40 Zuschläge im Mehrpartnermodell, aber mehr als 80 mit Exklusivstatus. Erschwerend für die Apotheken kommt hinzu, dass nicht alle Rabattpartner bundesweit abgegeben werden können. Je nach AOK gibt es teilweise unterschiedliche Anbieter.
Mit dabei sind zahlreiche Schnelldreher wie Amlodipin, Enalapril, Metformin und Metoprolol, Omeprazol, Ramipril, Simvastatin und Valsartan. Aber auch für zahlreiche Antibiotika gibt es neue Verträge.
Dabei zeigt schon ein Blick in die Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), dass es bei mehreren Wirkstoffen einen offiziellen Engpass gibt. Dazu gehören die Antibiotika Amoxicillin, Penicillin, Cefaclor, Cefpodoxim, Cefuroxim und Clarithromycin, aber auch Bisoprolol, Bisoprolol/HCT, HCT und Valsartan. Die Apothekenteams werden in der Liste zahlreiche weitere Wirkstoffe entdecken, die derzeit nur schwer zu beschaffen sind.
APOTHEKE ADHOC Debatte