Der Bundestag wird am Nachmittag aller Voraussicht nach das Anti-Korruptionsgesetz beschließen. Bei der ABDA ist man mit den vorgenommenen Änderungen am Entwurf zufrieden. Die verfassungsrechtlich fragwürdige Anbindung an das Berufsrecht wird komplett gestrichen. Dass die Apotheker auch bei ihren Einkaufsentscheidungen ausgeklammert werden, findet Schmidt gut und nachvollziehbar. Die Kassen laufen dagegen Sturm gegen die vermeintliche Aufweichung.
Das Anti-Korruptionsgesetz sei richtig und wichtig, so Schmidt, der heute eingebrachte Entwurf in Ordnung. „Für die Arzneimittelversorgung gilt: Vieles, was bislang schon berufsrechtlich verboten ist, kann künftig auch strafbar sein. Der Schutz des Patienten vor falscher, durch Vorteilnahme geleitete Beratung ist damit in jedem Falle gewährleistet“, so der ABDA-Präsident. Den Rückgriff auf berufsrechtliche Vorschriften brauche das Gesetz dazu nicht.
Schmidt lobt, dass der Gesetzgeber die Besonderheiten des Apothekenwesens berücksichtigt habe: „Die Gesundheitspolitik hat vor langer Zeit die Richtungsentscheidung getroffen, dass Apotheker auch als Heilberufler im Wettbewerb stehen und kaufmännisch agieren müssen. Gerade im Selbstmedikationsbereich sind sie gehalten, rezeptfreie Arzneimittel möglichst marktgerecht einzukaufen, damit Preisvorteile an Patienten weitergegeben werden können.“
Der Bezug von Arzneimitteln wurde mit dem Änderungsantrag der Rechtspolitiker von Union und SPD aus dem Entwurf gestrichen. Zuvor hatte es auch bei den Herstellern Bedenken gegeben, dass gewöhnliche Einkaufsrabatte künftig unter den neuen Strafrechtsparagrafen fallen könnten.
Ohnehin keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Regelung sieht Schmidt bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) gebe einen „engen, aber sinnvollen Rahmen der Preisneutralität vor, um Apotheker und Patienten gleichermaßen vor Nachteilen in der Versorgung zu schützen“, so der ABDA-Präsident. Die Apotheker kommen aus seiner Sicht gar nicht in Versuchung: „Dieser Bereich ist durch ärztliche Verordnung, Rabattverträge und Festbetragsregelungen ohnehin so stark reguliert, dass die Apotheke keinen Spielraum für abweichendes Verhalten hat“, so Schmidt weiter.
Die Vorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (VDEK), Ulrike Elsner, findet es dagegen nicht nachvollziehbar, warum Apotheker von den Regelungen teilweise ausgenommen werden: „Gerade auch bei der Abgabe von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln beziehungsweise von Medizinprodukten kann es zu Beeinflussung und Vorteilnahme kommen. Ein wirkungsvoller Schutz vor Korruption in diesem Bereich sieht anders aus.“
Zuvor hatte auch der AOK-Bundesverband kritisiert, dass die Apotheker weitgehend ausgenommen sind. „Ursprünglich war ein Gesetz geplant, dass alle Heilberufe gleichermaßen in den Blick nimmt und nicht einzelne Gruppen außen vor lässt“, so Verbandschef Martin Litsch. Wieso die Apotheker jetzt plötzlich teilweise davon ausgenommen würden und eine Sonderstellung bekämen, sei nicht nachvollziehbar. „So wird die vom Bundesgerichtshof aufgezeigte Strafbarkeitslücke vom Gesetzgeber nicht geschlossen. Das sind keine Schlupflöcher, sondern es steht quasi die gesamte Tür sperrangelweit offen.“
Durch die Änderung falle die Beeinflussung von Apothekern unter den Tisch, monieren die Kassen. Aus Sicht von Litsch ist die Abgabe von Arzneimitteln „ein hochgradig korruptionsgefährdeter Bereich, der nun im Dunkeln bleiben darf“. Schließlich entscheide der Apotheker bei den meisten Verordnungen darüber, welches Arzneimittel der Patient erhalte und von der Krankenkasse bezahlt werde.
Grundsätzlich sind die Kassen aber zufrieden, dass das Gesetz jetzt kommt: Korruption im Gesundheitswesen als Straftatbestand zu ahnden sei lange überfällig, so Elsner. Denn durch Bestechung, Abrechnungsbetrug und Falschabrechnungen entstünden nach Schätzungen jährlich Verluste zwischen drei und zehn Prozent der Gesundheitsausgaben. „Für Deutschland entspricht das Schäden von bis zu 18 Milliarden Euro pro Jahr“, so die VDEK-Chefin.
Das Anti-Korruptionsgesetz soll heute in zweiter und dritter Lesung im Bundestag verabschiedet werden. Gestern hat es bereits den federführenden Rechtsausschuss passiert. Auch die SPD-Abgeordneten hatten – trotz Kritik aus den Reihen der Gesundheitspolitiker – einstimmig für den Änderungsantrag gestimmt. Nur die Linke stimmte gegen das Gesetz, die Grünen enthielten sich.
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