Anti-Korruptionsgesetz

„Kassen müssen im Zweifel Strafantrag stellen“

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Berlin -

Die Krankenkassen warten mehr oder weniger sehnsüchtig auf das Anti-Korruptionsgesetz. „Endlich ist das Ende des Ermittlungs-Moratoriums absehbar“, sagte etwa KKH-Chef Ingo Kailuweit. Die Krankenkassen können nach den Plänen der Regierung selbst Strafantrag gegen korrupte Ärzte und Apotheker stellen. Laut Rechtsanwalt Bernd Guntermann von der Kanzlei Wilhelm Rechtsanwälte sind sie dazu sogar verpflichtet: „Im Zweifel ist ein Strafantrag zu stellen.“

Der Korruptionstatbestand Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen ist von der Regierung als Antragsdelikt geplant. Das bedeutet, dass Staatsanwaltschaften in der Regel nur auf Strafantrag Ermittlungsverfahren einleiten. Antragsberechtigt sind nicht nur die unmittelbar Betroffenen selbst, sondern auch die Kammern und Verbände der Heilberufler. Mit einer Änderung im Kabinettsentwurf wurden die Kassen und die Pflegeversicherung als potenzielle Antragsteller mit aufgenommen. Derzeit wird diskutiert, ob dieses Recht auch Unfall- sowie Rentenversicherung zustehen sollte.

„Der vorliegende Gesetzentwurf sieht für Sozialversicherungsträger aus gutem Grund ein explizites Antragsrecht vor“, so Guntermann. Schließlich seien es in der Regel Kranken- und Pflegekassen, die die Folgen von Korruption im Gesundheitswesen in Form höherer Kosten zu tragen hätten. Zudem seien die Strafverfolgungsbehörden auf die Mitwirkung der Sozialversicherungsträger angewiesen. Denn diesen lägen Daten vor, aus denen sich ein Anfangsverdacht auf Unregelmäßigkeiten ergeben könne, so der auf Wirtschaftsstrafrecht spezialisierte Rechtsanwalt.

Aus seiner Sicht sind die Kassen aber womöglich nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, einen Strafantrag zu stellen. „Ein Wegsehen könnte nämlich als Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot gewertet werden.“ Laut Sozialgesetzbuch (SGB IV) müssten die Kassen nämlich bei der Aufstellung und Ausführung ihres Haushaltsplans die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit von Gesetzes wegen beachten. „Und diese Grundsätze gelten für jegliches Handeln“, so Guntermann.

Die „Strafantragspflicht“ könne sich demnach aus der Pflicht zur Abwehr von Schäden für den eigenen Haushalt ergeben – selbst wenn dieser nicht unmittelbar berührt sei. „Wenn das Strafverfahren berufsrechtliche Folgen für den verurteilten Täter hat, kann das Gericht ein Berufsverbot im Urteil aussprechen. Der Arzt oder Apotheker könnte dann künftig keine Korruptionsstraftaten in Zusammenhang mit seinem Beruf mehr begehen. Der Finanzhaushalt wird damit präventiv vor den Folgen von Korruption geschützt“, so Guntermann.

Auch Regresse und Retaxationen verpflichten die Kassen aus diesem Blickwinkel zum Einschreiten: Wird ein Heilberufler verurteilt, kann sich daraus nämlich ein Schadenersatzanspruch einer betroffenen Kasse ergeben. „Versäumt eine betroffene Krankenkasse aber den Strafantrag gegen den korrupten Arzt und kommt es dadurch gar nicht erst zur Strafverfolgung, dann wird es deutlich schwieriger, gegen diesen Arzt erfolgreich Regress zu führen“, so Guntermann.

Die Kassen seien zudem laut § 197a SGB V verpflichtet, aktiv an der Bekämpfung von Straftaten mitzuwirken, erinnert der Rechtsanwalt. Dazu sind eigene Prüf- und Ermittlungsorgane eingerichtet. Wenn diese einen Sachverhalt als strafrechtlich relevant einstufen, muss die Kasse die Strafverfolgungsbehörden unterrichten. Bei Korruptionsfällen könnten die Behörden jedoch aufgrund der Gestaltung des Gesetzes nur auf Grundlage eines Strafantrags aktiv werden, so Guntermann. „Daraus lässt sich eine Pflicht zum Stellen eines Strafantrags herleiten.“

Auf die Kassen kommt es Guntermann zufolge daher entscheidend an: „Sie nehmen künftig die Rolle vorgeschalteter Strafverfolgungsbehörden ein. Der Ermessensspielraum der Kassen ist eng, im Zweifel ist ein Strafantrag zu stellen“, meint Guntermann. Schließlich könne eine Verletzung dieser Pflicht Maßnahmen der Aufsichtsbehörde zur Folge haben.

Guntermann hätte sich gewünscht, dass der Gesetzgeber Korruption im Gesundheitswesen als sogenanntes Offizialdelikt eingestuft hätte. Denn dann könnten Strafverfolgungsbehörden auch ohne Strafantrag Ermittlungsmaßnahmen von Amtswegen einleiten. „Der Schutz des fairen Wettbewerbes und der Rechtsgüterschutz der Volksgesundheit sollten dem Gesetzgeber eigentlich als bedeutend genug erscheinen, um diesen Weg frei zu machen“, findet Guntermann.

Die Kanzlei Wilhelm mit Hauptsitz in Düsseldorf betreut selbst oft Krankenkassen, insbesondere zum BKK Bundesverband und den Landesverbänden der Betriebskrankenkassen gibt es enge Verbindungen.

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